■ Pappplakate (Propagandaserie Teil 1): Endlich ist alles zugebaut!
Wir stellen uns vor: Der Herr mit dem dynamisch, entschlossen wirkenden Starrkrampf in der Hand ist ein Freund guten Lebens. Abends wird im Hause Schulte, am Schwachhauser Ring gelegen, sicher mal gemütlich das ein oder andere Hefeteilchen eingeworfen. Am Wochenende, wir zweifeln nicht, gehört Herr Schulte mit Haut und wenig Haar der Familie. Da hockt er in seinem lauschigen Schwachhauser Garten, dicke rosige Kinder purzeln vergnügt über den feinen englischen Rasen, ein Rassehund legt ein rassiges Häufchen daneben, und Herr Schulte blinzelt vergnügt in die Sonne und lauscht der wundervollen Melodie, mit der Gottes Geschöpfe am Himmel und auf Erden den herrlichen Tag feiern.
Wir stellen uns weiter vor: Der ADAC und DaimlerChrysler gewinnen die Wahlen. Erste Maßnahme der neuen Regierung: Der Schwachhauser Ring muß verbreitert werden. Sechsspurig, mit großzügigem Seitenstreifen an den Straßenrändern und Parkhäusern, so weit das verzückte Auge reicht. Man kann fragen, wen man will: Anlieger, Bauarbeiter, Christdemokraten, Ex-Bausenatoren – alle sind begeistert von dieser Maßnahme. Mit leuchtenden Augen beobachtet Herr Schulte nun allabendlich das rege Treiben der Bagger vor seiner Haustür, der Baukran in seinem Garten stört ihn nicht im geringsten. Das Abendbierchen schlabbert er jetzt ganz volksnah mit Paul, dem Preßlufthammermann. Und morgens um vier, wenn Paul das feine Maschinchen anwirft und den Herrn Schulte sanft weckt, nimmt der sich vergnügt die Stöpsel aus dem Ohr und brüllt der Gattin zu, er habe den Slogan gefunden, mit der die Wahl zu gewinnen ist: Endlich ist alles zugebaut! Toller Kerl. Wirklich. zott / Foto: Marina
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