■ Reinhardts Dino-Erben: Papierarchitektur
Zweifellos war die Rückgabe des Theatergrundstücks „Am Zirkus 1“ in Berlin-Mitte an die Erben des großen Theatermannes der zwanziger Jahre, Max Reinhardt, ein moralischer und symbolischer Akt zugleich. Doch es ist eine Sache, daß die Erben und mit ihnen die Investoren das Vermächtnis Max Reinhardts in der Stadt bewahren und fördern wollen. Niemand wird gegen eine Schauspielschule, die Eröffnung einer Bühne oder gar die Einrichtung eines Theaterarchivs etwas einzuwenden haben. Die Dokumentation dürfte allerdings nicht im Souterrain eines Hotelkomplexes liegen. Und damit sind wir bei der anderen Sache. Denn die Erben und ihre Helfer beabsichtigen, dieses Vermächtnis mit dem Daumenabdruck eines Dinosauriers in das Stadtbild zu pressen. Weder belebt Peter Eisenman den emphatischen Mythos des Ortes an der Weidendammer Brücke, noch ist sicher, ob der Berliner Sumpf die Großskulptur trägt. Er droht eher die halbe Friedrichstadt zu ersäufen. Wunden des einstigen Grenzortes vermag die Planung nicht zu schließen, sie ist Papierarchitektur. Bleibt zu hoffen, daß die Erben zur Einsicht kommen und sich nicht vom spiegelnden Entwurf blenden lassen. Ihn als Archiv-Faustpfand mit Druck gegen die ablehnende Stadt einzusetzen wäre fatal. Damit schlüpften sie in die Rolle des ungerechten Bösewichts. Und selbst der hatte im Reinhardtschen Theater nie eine Chance. Rolf Lautenschläger
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