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Papa Weisener stellt Weichen

■ Kiezclub St. Pauli auf neuen Wegen: Präsident weg, Schulden weg, Trainer weg   Von Marco Carini

Ein Jahr hat er noch Zeit, das Chaos zu richten. Dann will, dann wird der Architekt Hans Weisener den Präsidentenstuhl des FC. St. Pauli räumen und sich auch finanziell zurückziehen: „Ich werde meinem Nachfolger den Verein schuldenfrei übergeben“, kündigte Weisener auf der 83. Hauptversammlung des Vereins gestern an. Über sieben Millionen Mark soll der neugegründete Marketing-Fonds in die Vereinskassen zahlen, weitere drei Millionen schustert Mäzen Weisener aus privater Tasche hinzu. In bar oder als langfristiges unverzinsliches Darlehen an den Verein.

Weisener weg, Schulden weg. So gut wie weg ist auch Mißerfolgstrainer Seppo Eichkorn. Weiseners Worte ließen gestern an Deutlichkeit nichts vermissen: „Er muß die beiden nächsten Spiele gewinnen, sonst wird er nicht weiter unser Trainer sein“. Selbst der Verlust eines einzigen Punktes gegen Jena oder Uerdingen wäre des Schlechten zuviel. Weisener: „Auch dann würden wir so tief im Abstiegsstrudel stecken, daß wir personelle Änderungen durchführen müssen. Dann ist Eichkorn nicht mehr zu halten“.

Einen Nachfolgekandidaten für den glücklosen Übungsleiter gibt es – offiziell – noch nicht. Vizepräsident Christian Hinzpeter: „Es wird nicht leicht sein, einen bezahlbaren Nachfolger zu finden, der fähig ist, die Mannschaft wieder nach oben zu führen.“ Da die Rückkehr von Helmut Schulte oder Willi Reimann angeblich nicht zur Debatte steht, drängt sich eine hausinterne Billiglösung zumindest auf: Manager Jürgen Wähling, der schon den Nord-Rivalen Hannover 96 zu Bundesliga-Zeiten coachte, übernimmt zumindest übergangsweise den Eichkorn-Job – und bleibt bei Erfolg auch länger.

Sportlich hält Papa Weisener weiter an dem Ziel fest, noch in diesem Jahr in das vordere Tabellendrittel vorzustoßen, um in der kommenden Saison um den Bundesligaaufstieg mitzuspielen. Neue Spieler sollen allerdings nicht geholt werden. Denn der Schuldenstand des Vereins hat eine Rekordhöhe erreicht: Am Ende der abgelaufenen Spielzeit betrug er nicht weniger als 10.258.000 Mark. Allein im Laufe der vergangenen Saison wurden erneut 2,69 Millionen Miese eingefahren.

Das Sanierungskonzept, daß Heinz Weisener gestern abend den TeilnehmerInnen der Vereins-hauptversammlung vortrug, enthält drei Schritte. Durch die Verkleinerung des Profikaders und die drastische Reduzierung der Spielergehälter soll der Club in der laufenden Saison ohne Neuschulden über die Runde kommen. Der Marketing-Fonds soll bis zum Ende der Spielzeit zwischen 7,5 und 8,75 Millionen Mark in die Vereinskasse zahlen. Drei Millionen sind bereits eingezahlt, schriftliche Verflichtungen über weitere drei Millionen liegen vor.

Dafür erhält der Fonds für sechseinhalb Jahre die kompletten Vermarktungsrechte des Vereins, wobei Weisener privat für einen jährlichen Garantieerlös von 1,3 Millionen Mark bürgt und eventuelle Fehlbeträge aus eigener Tasche zuschießt. Zwar ist der Verein dafür bis zur Jahrtausendwende seine Werbeeinnahmen los (1992/1993: 829.000 Mark), dafür aber auch seine Zinsverpflichtungen bei der Bank, die sich zur Zeit auf jährlich 1,1 Millionen Mark belaufen.

Jeder Werbegroschen über der jährlichen Garantiesumme von 1,3 Millionen Mark (Weisener peilt mindestens 2 Millionen an) kommt zur einen Hälfte dem Fonds, zur anderen Hälfte dem Verein zugute. Etwa drei Millionen Mark Restschulden will Weisener vor seinem Abtritt im kommenden Oktober per Spende oder zinslosem Darlehen an den Millerntor-Club aus der Welt schaffen.

Während Heinz Weisener in Zukunft nur noch in dem neu zu gründenden Verwaltungs- und Wirtschaftsrat hinter den Kulissen die Fäden ziehen wird, soll Vizepräsident Christian Hinzpeter den neuen Frontman miemen. Der Rechtsanwalt ziert sich zwar noch ein wenig (“Wir haben noch ein Jahr Zeit, diese Frage zu diskutieren“), doch Weisener will niemand anderen ans Vereins-Ruder lassen.

Ob Hinzpeter will oder nicht – er wird müssen.

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