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Panterpreisträger hinter GitternBioimker Grolm geht ins Gefängnis

Begleitet von vielen Unterstützern geht erstmals ein Teilnehmer einer Genfeldzerstörung in den Knast: Er will weder eine Geldstrafe bezahlen noch einen Offenbarungseid leisten.

Schicke Bilder für die Presse: Grolm mit Imkerkorb und Koffer auf dem Weg zum Gerichtsvollzieher. Bild: dpa

BERLIN tazDemonstranten reißen schon seit Jahren auf Äckern Genmais aus, um auf die aus ihrer Sicht falsche, von Konzernen wie Monsanto gesteuerte Agrarindustrie aufmerksam zu machen. Erstmals ist am Donnerstag einer von ihnen ins Gefängnis gegangen: Michael Grolm, 37, Bioimker, Begründer der Aktion "Gendreck weg" und taz-Panterpreisträger für Zivilcourage.

Aus seinem Haftantritt machte Grolm ein großes Fest: Mit Pauken und Trompeten zog er in das Gefängnis im thüringischen Suhl ein - begleitet von einer Kapelle, die die Titelmusik der "Biene Maja" spielte, zehn Traktoren und 230 Demonstranten.

Grolm sitzt nun für unbestimmte Zeit in Beugehaft. Grund: Vor zwei Jahren betrat er einen Genmaisacker einer brandenburgischen Agrargenossenschaft bei Zehdenick an der Oder - trotz eines Verbots. Grolm ist nicht bereit, dafür eine Strafe von 1.000 Euro zu zahlen. Er erklärte von Anfang an, lieber in Haft zu gehen. Doch das Gericht verlangte einen Offenbarungseid, bevor die Ordnungshaft in Anspruch genommen werden könnte. Weil Grolm den ablehnte, muss er nun in Erzwingungshaft. Sie ist zeitlich nicht begrenzt, allerdings muss Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Diese wird vom Gericht beurteilt.

Warum Grolm das alles auf sich nimmt? Die Idee, Genmaisfelder anderer Leute zu zerstören, nahm ihren Anfang vor fünf Jahren. Grolm hörte vom Lehrbus BioLab, der Schüler in Baden-Württemberg über die Vorteile der Agrogentechnik informiert - für Grolm eine "Kampagne der chemischen Industrie". Er sieht die gentechnisch veränderten Pflanzen als Bedrohung. Bienen können Pollen mit neuartiger Erbsubstanz in seinen Honig einschleppen und das Geschäft ruinieren. Schließlich rief der Imker zu einer Anti-Gentechnik-Demo in Stuttgart auf und 2006 zur ersten "Feldbefreiung".

Da wusste der Imker noch nicht, dass ein Augsburger Gericht im Mai 2008 einem seiner Berufskollegen tatsächlich attestieren würde, dass er seinen Honig, der mit Genmaispollen belastet war, nicht verkaufen darf. Der Bienenzüchter blieb auf seinem Schaden sitzen.

Grolm verteidigt sich. Er sagt, er sitze wegen Widerstands gegen eine Sache, die bereits verboten sei. CSU-Agrarministerin Ilse Aigner hatte den deutschen Bauern im April dieses Jahres untersagt, Genmais MON 810 des US-Konzerns Monsanto anzubauen. Sie sah eine Gefahr für die Umwelt. Nach Paragraf 34 Strafgesetzbuch ist eine Straftat nicht gesetzwidrig, wenn sie dazu dient, "eine Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden".

Für den Herbst droht Grolm noch eine zweite Haft: Weil er den Acker nicht nur betrat, sondern auch Genmais ausriss, ist Grolm zu 20 Tagessätzen à 18 Euro verurteilt.

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22 Kommentare

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  • FK
    Fritz Kunesch

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    H.Grolm hat in meinen Augen in Notwehr gehandelt,

    denn Pollen macht den Honig nicht nur unverkäuflich

    sondern ist, wie die ganze Pflanze, für Insekten giftig. Völker die im Herbst damit ihre Brut füttern sind nach Ca. 6 Wochen Bienenleer.

     

    Es ist der erste giftige Pollen seit Millionen von Jahren.

  • W
    Wildwasser

    An die Komoker in der Runde, die hier mal wieder den "Arbeitsplatz-Joker" ziehen.

    Haltet Ihr es denn wirklich für verantwortbar unsere "eine!!!" Welt, derartigen Manipulationen auszusetzen, deren Folgen noch nicht einmal im entferntesten absehbar sind?

    Um den Gedanken weiterzuspinnen, gälte Selbiges dann auch für für die Entwicklung von Tretminen, Aufseher und Henker in chinesischen Umerziehungslagern...? (Die Reihe ist beliebig fortsetzbar)

    Wo also liegt Eurer Meinung nach die Grenze?

    Unsere Welt bietet auch Möglichkeiten mensch- und umweltkonformen Broterwerbs.

  • F
    Flämingdrohn

    Ich kann diesem Imkerkollegen nur zustimmen, wenn er gegen genmanipulierte Agrarprodukte eintritt, was sollen denn die Bienen für UNS sammeln? Honig ist einer der wenigen Nahrungsmittel, die ohne Zusätze auskommen und das soll so bleiben.

    Auch wenn ich die Imkerei nur als Hobby betreibe, möchte ich meinen Honig SAUBER haben!

    Weiter so!

  • W
    WiderdenBiowahn

    In diesem Forum Abwägendes zu Chancen und Risiken der gentechnischen Pflanzenzucht zu äussern, dürfte bei den Allermeisten Forenteilnehmern keinerlei Nachdenken hervorrufen. Man hat ja seine Überzeugungen!

     

    Und so ein Bienen-Ökoaktivist gibt ein nettes Bild. Gut zu wissen, dass die restliche Welt von der "kriminellen" Monsanto gekauft und durch deren Chemie vergiftet wird.

     

    Mann! Was für "Don Quichotte´s"!

  • E
    ekiam

    Ich habe Imker Grolm zum ersten Mal im Jahr 2003 in Stuttgart erlebt. Auf einer Informations-Veranstaltung des Landes zum Thema Gentechnik in der Schleyerhalle. Er ist aufgestanden und hat die vertrackte Situation des wegen der Gentechnik aussterbenden Bio-Imkers beschrieben, der seine Bienen leider nicht nur auf gentechnikfreie Felder kommandieren kann und so keine gentechnikfreie Ware mehr garantieren kann. Mein Gott, war ich ergriffen! An diesem Berufsbeispiel habe ich kapiert, wie machtlos der Mensch gegen die Gentechnik sein kann.

  • S
    sozialistopath

    Genau richtig!

     

    Idealisten wie Michael Grolm nehmen persöliche Defizite in Kauf, um für die "Gesellschaft" einzustehen.

    "Realisten" lassen sich von der Wirtschaft instrumentalisieren, ohne es merken zu wollen, oder sie haben Tomaten auf den Augen.

     

    Denn wenn man sich damit beschäftigt, mit welcher Aggressivität Monsanto oder Bayer etc. versuchen die weltweite Nahrungsmittelproduktion zu monopolisieren muss man einfach aktiv werden.

     

    JEDER POLITISIERT SICH DURCH SEIN HANDELN!

  • AD
    Axel Dörken

    Von mir wir es als denkwürdig eingestuft, wenn Richter nicht das Soziale und die Ökologie als Maß der Dinge ansehen, sondern das Gesetz.

     

    Mein Lob für den authentischen Imker. Ich hoffe, dass er den Gefängnisaufenthalt als eine Möglichkeit des Rückzugs, der Meditation zu nutzen weiß.

     

    Viele, meines Geschmackes nach zu viele, Menschen stehen nicht zu ihrer Meinung, weil sie Angst vor der Konsequenz haben. Eben Angst vor der Ächtung, der Strafe.

     

    Hier zeigt ein Mensch auf, dass Gefängnis nicht das Schlimmste sein muss, sondern nicht zu seiner Meinung zu stehen schlimmer sein kann. Authentizität nenn ich das. Ich hoffe, dass sich viele Menschen, Privatpersonen wie Politiker, Finanz- wie Wirtschaftsbosse diesen Mann als Vorbild nähmen.

     

    Naja, so mancher Vertreter dieser Gruppen macht das ja bereits. Meines Erachtens unpraktischer Weise jedoch gegen das Allgemeinwohl. Und sie werden von den Gerichten interessanter Weise verschont. Da kommen Millionenbetrüger auf Bewährung frei, wobei auf der anderen Seite Kassiererinnen wegen des angeblichen Diebstahls von Wertbons entlassen werden.

     

    Gerichte. Es scheint mir manchmal eine Auszeichnung zu sein von einem Gericht verurteilt worden zu sein. Belohnen, zumindest solche, Gerichtsurteile doch den Jasager, wobei sie sich auf Gesetze berufen und Meinungen bilden, die immer öfter und immer seltener die Sittlichkeit zu belohnen scheinen, sondern den Mangel am Hinterfragen des Systems bestrafen..

     

    Scheinbar soll wieder einmal der Widerstand mündiger Bürgerinnen und Bürger, gegen diesen sich immer mehr zum Überwaschungs-, Einschüchterungs-, Kapitalisten-, und Parteidiktaturenstaat entwickelnden und als Demokratie gedachten (?) Staat, gebrochen werden. Das Basisdemokratie seit 60 Jahren mit Füßen getreten wird und selbst auf Bürgerbegehren nicht gehört werden muß, wenn 2 Jahre Zeit ins Land geflossen sind, kann uns zu denken geben.

     

    Ich hoffe, dass das Beispiel dieses Imkers Karriere macht! Ich denke, dass ich eine Gefängnisstrafe in Kauf nehmen würde, um meine Meinung zu demonstrieren. Auch, obwohl ich selbst traumatische Erfahrungen mit dem Gefängnis gemacht habe. Nur eine Nacht in einem spanischen Gefängnis und ich war für Monate neben der Rolle.

     

    Steht auf und steht für sozialeres und ökologischeres Denken, Meinen und Handeln ein. Bitte.

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • E
    Elbinsel-Wilhelmsburg

    Seeeehr gut ,

    Monsanto Verpestet unsere natur und hat auch noch Rechtlichen Anspruch darauf ! Wie Bekloppt ist das denn?

    Den"Realisten" dieser Posse sei gesagt das eben nur der weiter kommt der sich nicht Abhängig macht von solchen verf... Konzernen die eine Art lebensmittel-Weltherrschaft Anstreben. Nur zur Erinnerung : Monsanto gibt es seit 125 Jahren und dei Produzierten seit je her Giftiges Zeugs, Bsp.

    Agent Orange für den Vietnam Krieg.

    Info:

    Monsanto hat immer einen seiner Mitarbeiter an genau DER Stelle Integriert wo es Notwendig ist eine Positive Entscheidung für deren Vorhaben zu erwirken.

    Und ich meine damit auch Regierungsteile und nicht nur Genehmigungs-Gremien...

    Watt fürn Shiet - Guten Tag

  • P
    Pausenclown

    Vielen Dank und die allerbesten Wünsche an Michael Grolm

  • R
    realist

    Da sollte er drinbleiben. An dieser ganzen Scharade ist aber gar nichts romantisch-aufrührerisches!

     

    Dieser ideologiesierte Zirkus ist Unterhaltung für den Pöbel. Die Öko-Gläubigen können sich gegenseitig auf die Schultern klopfen und sich freuen wie umweltfreundlich sie sind.

     

    Dass bei diesen Aktionen Menschen zu Schaden kommen, die durch ihre Arbeit versuchen ihre Existenz zu sichern, spielt ja keine Rolle. Die sind ja böse, weil sie gentechnisch verändertes anbauen.

     

    Willkommen in der Ökodiktatur

  • C
    Christoph

    Danke Herr Grolm.

  • D
    Daniel

    Respekt für diese Konsequenz mit der er sein Vorgehen verfolgt.

  • S
    Schurki

    Michael Kohlhaas lässt grüßen. Dafür bestraft werden, dass man für sein Recht einsteht.

     

    Ich kann nur immer wieder den Kopf schütteln über die Ignoranz mancher Gerichte gegenüber der Vernunft. In unserem Land werden täglich Menschen für etwas bestraft, für das sie eigentlich einen Preis erhalten sollten.

  • W
    wilder_joe

    Freiheit für Michael Grolm!

  • T
    treba

    dieser mann hat meinen vollen respekt.

  • B
    bestoiber

    leider wissen die meisten zu wenig über den anbau von geprodukten und die folgen. und von der genmafia monsanto haben auch die wenigsten gehört. aber hier gibts eine sehr aufschlussreiche dokumentation darüber: http://video.google.com/videoplay?docid=-7781121501979693623

     

    genprodukte gehören echt verboten !

  • R
    Rich

    Zehdenick an der Oder oder an der Havel.

  • K
    Küstenstelze

    Vielleicht könnte die taz für solche Fälle wie die des Herrn Grolm mal sammeln gehen, um ihm die Haft zu erleichtern. Ihm braucht man das Rückgrat nicht zu stärken, aber Solidarität zeigen, wäre schon eine schöne Sache. Und könnte ein tolles Beispiel sein für junge Nachahmer. Zivilcourage zu zeigen oder auch nur eine Sache konsequent öffentlich zu vertreten, ist in Deutschland viel zu wenig an der Tagesordnung. Ich meine es ernst mit einem Spendenaufruf.

  • R
    Resist

    Auch alles Gute an Michael Grolm. Das ist eine absolute Ungerechtigkeit. Das Geflecht von Politik und Wirtschaft scheint die Gesetze nur für den kleinen Mann anzuwenden...

  • DB
    Der Blum!

    Sehr cooler Mann. Es sollte mehr von dieser Sorte geben. Der Staat schreibt einem zu oft vor, was angeblich richtig ist. Dahinter verbergen sich jedoch oft die Interessen der Industrie - das sehen die meisten Menschen nicht. TV verblödet eben!

  • H
    hessebub

    Die Justiz ist wohl auch schon genmanipuliert.

  • G
    Georg

    Endlich jemand der sich von unseren rückradlosen Politikern nicht einschüchtern lässt und nicht nur bis zur nächsten Wahl denkt.

     

    Eigentlich gehören unsere Politiker in Beugehaft, solange bis diese sich wieder daran erinnern, daß sie das Volk vertreten sollen und nicht die Interessen der Wirtschaft.

     

    Danke und alles Gute an Michael Grolm...