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Panne an der TU DresdenExzellenz-Uni mit Software-Problem

Die TU Dresden hat eine neue Verwaltungssoftware der Softwarefirma SAP eingeführt – jetzt warten die Mitarbeiter auf ihr Geld. SAP weiß von nichts.

Fluch oder Segen? SAP wundert sich über die Probleme in Dresden. Bild: rtr

BERLIN taz | Im Juni herrscht an der ehrgeizigen Technischen Universität Dresden große Freude, als sie in den erlauchten Kreis der elf deutschen Exzellenzuniversitäten aufgenommen wurde. Doch von exzellenter Stimmung kann derzeit vor allem bei den 2.800 Mitarbeitern nicht die Rede sein, die über Drittmittel finanziert werden oder auf Honorarbasis arbeiten.

Schon seit dem Herbst kommt es zu teils mehrmonatigen Zahlungsverzögerungen. Die Universität hat die umfangreiche Einführung einer neuen Verwaltungssoftware des Herstellers SAP offensichtlich völlig unzureichend vorbereitet.

„Die halbe Uni kocht wegen dieser Zustände“, sagt eine Mitarbeiterin. Auch langjährig auf Honorarbasis Beschäftigte müssen plötzlich um ihre Monatsabrechnungen kämpfen. Betroffen sind auch junge Mütter, die auf regelmäßige Zahlungen angewiesen sind. Ein Professor berichtet, dass er für eine Veranstaltung eingeworbene Drittmittel nicht verwenden konnte, weil die Verwaltung keine Projektnummer vergeben konnte.

Nach anderen Informationen behalten Zulieferer den Rabatt ein, den sogenannten Skonto, den sie der Uni bei frühzeitiger Zahlung gewährt hätten. Eine Universitätssprecherin räumt ein, dass eine Firma bereits mit Lieferstopp gedroht hat. Die ausstehenden Zahlungen seien deshalb in der Vorwoche angewiesen worden.

Das „Enterprise Resource Planning System“ von SAP ist eine Software für Großunternehmen, mit der neben Finanzen auch das Personalmanagement und die operativen Prozesse abgewickelt werden – ein Programm für alles sozusagen.

Auch viele Hochschulen und Forschungsinstitute führen diese Software ein. Die TU Dresden nutzt sie seit Januar 2013 offiziell – soweit sie überhaupt läuft. Eine SAP-Sprecherin äußerte sich verwundert über die Dresdner Probleme, die im Unternehmen nicht bekannt seien. Keinesfalls könne die Software als deren Ursache gelten.

Zusätzliches Personal soll kommen

„Momentan dauert mit der SAP-Software alles viel länger als in der früheren HIS-Software“, berichtete jedoch eine mit der Umstellung befasste Mitarbeiterin. Niemand wagt an der TU derzeit eine Prognose, wann der Stau an Buchungen und Auszahlungen abgearbeitet sein könnte. Nach Angaben von einer Sprecherin ist zusätzliches Personal bereitgestellt worden. Nach taz-Informationen wird aber gerade erst mit Personaleinstellungen begonnen, die eigentlich Voraussetzung für die Umstellung gewesen wären.

Nunmehr sei eine Prioritätenliste zur Abarbeitung der Rechnungen erstellt worden, so die Uni-Sprecherin. „In den Fällen, wo die Betroffenen sich wegen finanzieller Engpässe gemeldet haben, wurde umgehend die Zahlung angewiesen.“ Gehälter von Drittmittelstellen würden pünktlich bezahlt.

Für die Probleme macht sie vor allem die Grippewelle und den Krankenstand verantwortlich, der in einigen Bereichen derzeit bis zu 50 Prozent betrage. Nicht nur die TU klagt über die Software: Nach einer Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2010 sind 35 Prozent der Unternehmen mit der ERP-Software nicht zufrieden.

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Themen #SAP

12 Kommentare

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  • K
    karlin

    Alle hessischen Hochschulen setzen seit Jahren SAP-ERP ein, vor allem für die Personal- und Finanzverwaltung. Das läuft alles problemlos. Hier der Software wieder was in die Schuhe schieben zu wollen, was an anderer Stelle schief läuft, ist mal wieder typisch. ERP führt man eben nicht mal kurz als reines Software-Projekt ein, sondern da ist auch immer eine Organisationsentwicklung, die parallel mitlaufen muss. Was hier genau schief gelaufen ist, hat jedenfalls dieser schlecht und tendenziös geschriebene Artikel nicht herausgefunden.

  • HM
    Hans Martin

    Ohne das SAP-Bashing hier weiter treiben zu wollen:

     

    Es ist bedauerlich, daß die deutschen Universitäten, nicht auf eine Open-Source-Lösung setzen, wie z.B. OpenERP oder Tryton. Zumindest ersteres wird auch in einigene größeren Unternehmen eingesetzt.

     

    Da vermutliche alle Unis recht ähnliche ERP-Bedürfnisse haben, könnten sie sich zusammentun und das System entsprechend anpassen (lassen). Das kostet auch Geld, dürfte aber deutlich preiswerter sein als SAP-Lizenzen und Upgrades.

  • W
    wegen

    Das ist eigentlich der ganz normale Uni-Verwaltungswahnsinn. Und von daher gar keine Meldung wert.

    Falls der Uni-Betrieb irgenwann mal nicht von den wurstigen Verwaltern gestört werden sollte: Dann aber ganz fett auf die Titelseite!

  • LL
    Lars Lustig

    Die Vorstellungen über eine moderne Unternehmenssoftware gehen manchmal seltsame Wege.

     

    http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/rektoratskollegium/tudo/downloads/teamevent_file/bildergalerie_te/pn32/image_preview

  • H
    Headhunter

    Können Sie mir bitte diesen Artikel genauer erklären? Hat jetzt die böse SAP-Software eine gewaltige Grippewelle an der TU Dresden ausgelöst?

     

    Was für ein miserabler Artikel - Krankenstand, fehlendes Personal und eine schlecht vorbereitete Softwareeinführung eines einzelnen Unternehmens direkt in Verbindung zu setzen mit der gesamten Qualität der Software!

     

    Und dann kommt als Krönung die Frage, ob ich für so einen Artikel zahlen will? Hahaha!!!

  • J
    JürgenG

    "Nach taz-Informationen wird aber gerade erst mit Personaleinstellungen begonnen, die eigentlich Voraussetzung für die Umstellung gewesen wären."

    Heißt, wegen der Anschaffung einer neuen (und vermutlich nicht billigen) Software ist zusätzlicher Personalbedarf entstanden? Ich glaube viel, aber das nicht.

  • C
    ChaosConsulting

    Das ist ein schlecht recherchierter und tendenziöser Artikel, Herr Bellmann. Zunächst schreiben Sie: „Die Universität hat die umfangreiche Einführung einer neuen Verwaltungssoftware des Herstellers SAP offensichtlich völlig unzureichend vorbereitet.“ Hier könnte in der Tat der Schlüssel für die Probleme an der Uni Dresden liegen, das interesssiert Sie aber nicht, sondern Sie sorgen zunächst einmal für die richtige Stimmung: „Projektnummern“ können „nicht vergeben werden“, „junge Mütter“ warten auf Ihre Honorare, die halbe Uni „kocht“.

    Anschliessend erfahren wir aber erst einmal etwas über die SAP und Ihre schreckliche Software „Enterprise Ressource Planning System“, „ein Programm für alles sozusagen“ Dieses "Programm" scheint nicht richtig zu funktionieren: Die „Software für Großunternehmen“ wird zwar auf der halben Welt seit zig Jahren benutzt, läuft aber zumindest bei der TU Dresden „soweit sie überhaupt läuft“. Und die SAP? Benimmt sich wie mein Telefonprovider: „Keinesfalls“ kann die Software hier Schuld sein.

    Anschliessend gehen Sie mit dem TU-Flurfunk auf Empfang: Alles dauert länger, keiner wagt eine Prognose, es ist Personal bereitgestellt worden, es wird Personal bereitgestellt werden. Eine Grippewelle und 50% Krankenstand runden das Bild ab.

    Doch zum Schluss ist es wieder die Software: „Nicht nur die TU klagt über die Software“ – mit „der“ Software kann ja nur dieses SAP-ERP-Zeugs gemeint sein –„Nach einer Studie der Universität Hamburg aus dem Jahr 2010 sind 35 Prozent der Unternehmen mit der ERP-Software nicht zufrieden“. Mit „der“ ERP-Software, oder vielleicht doch eher mit „ihrer“ ERP-Software? Werfen wir doch einen gemeinsamen Blick in diese Studie – jedenfalls in die, die mir beim googlen als erste entgegengekommen ist http://www.mondula.com/downloads/ERP-Studie.pdf und stellen fest, das in diesem dünnen Papier wiederum festgestellt wird, dass die Zufriedenheit der Großunternehmen mit „Ihrer“ ERP-Software überdurchschnittlich gross sei (Seite 9, Abb. 5) und das diese am häufigsten SAP einsetzen (Seite 6). Das ist leider ziemlich das Gegenteil, was Sie uns glauben machen wollen, aber das Internet kann ja so verdammt grausam sein!

     

    Das Thema selbst ist aber einen Artikel wert. Öffentliche Institutionen – public sector – sind für Softwarehersteller zunehmend interessant, da sich diese Institionen einerseits selbst immer mehr als Unternehmen verstehen und organisieren und andererseits – das Geschäft in der klassischen „Wirtschaft“ kaum noch ausgeweitet werden kann. Ob deren Produkte für solche Institutionen geeignet sind, könnte der erste Punkt für eine kritische Betrachtung sein. Der zweite Punkt ist die Ernsthaftigkeit des Kunden – hier: der TU Dresden – mit der das Einführungsprojekt betrieben wurde. Oftmals noch und gerade im öffentlichen Sektor werden Investitionen in Hard- und Software als Innovation, Investitionen in Beratung, Schulung und neues Personal aber als vermeidbare Kosten betrachtet. Die Anbieter haben sich darauf eingestellt und bieten Ihre Software im Paket mit knappen Dienstleistungen zur Einrichtung von Standardprozessen an („best practices“). Ist das (kurze) Einführungsprojekt vorbei und die Berater aus dem Haus, geht das Chaos los. Vielleicht erfahren wir darüber ja mal etwas, demnächst in der TAZ. Beste Grüße!

  • M
    Mondhase

    Das erinnert mich an den Uralt-Witz über SAP:

     

    Du gehst auf eine Party und siehst ein attraktives Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. Du gehst zu ihr und sagst: "Hallo, ich bin großartig im Bett, wie wärs mit uns?"

    Das nennt man Direct Marketing.

     

    Du gehst auf eine Party und siehst ein attraktives Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. Du gibst einer Freundin einen Hunderter. Sie steht auf und sagt: "Hallo, mein Freund dort hinten ist großartig im Bett, wie wärs?"

    Das ist Werbung.

     

    Du gehst auf eine Party und siehst ein attraktives Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. Du gibst zwei Freundinnen von Dir einen Hunderter, damit sie sich in Hörweite des Mädchens stellen und darüber sprechen, wie großartig Du im Bett bist und wie heiß du bist.

    Das nennt man Public-Relations.

     

    Du gehst auf eine Party und siehst ein attraktives Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. Du erkennst sie wieder. Du gehst zu ihr rüber, frischst ihre Erinnerung auf und bringst sie zu Lachen und Kichern. Und dann wirfst Du ein: "Hallo, ich bin großartig im Bett, wie wärs mit uns?"

    Das ist Customer Relationship Management.

     

    Du gehst auf eine Party und siehst ein attraktives Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. Du ziehst Deine tollen Klamotten an, läufst herum und spielst Mr. Beschäftigt. Du setzt Dein bestes Lächeln auf, läufst herum und spielst Mr. Sympathisch. Du frischst Deinen Wortschatz in Deinem Gedächtnis auf und spielst Mr. Höflich. Du unterhältst Dich mit sanfter und weicher Stimme, Du öffnest die Tür für alle Frauen, Du lächelst wie ein Traum, Du verbreitest eine Aura um Dich herum, Du spielst Mr. Gentleman und dann gehst Du zu dem Mädchen und fragst: "Hallo, ich bin großartig im Bett, wie wärs mit uns?"

    Das ist Hard Selling.

     

    Du gehst auf eine Party und siehst ein attraktives Mädchen auf der anderen Seite des Raumes. SIE KOMMT HERÜBER und sagt: "Hallo, ich habe gehört, dass Du großartig im Bett bist, wie wärs mit uns?"

    Nun, DAS, sehr geehrte Damen und Herren, ist die KRAFT DER MARKE.

     

    Du gehst auf eine Party - langweilst alle mit Deinen nichtssagenden Aussagen - ein Schwarm von Mädchen kommt zu Dir und sagt: "Hallo, wir haben gehört, Du bist gar nicht so gut im Bett und trotzdem gehen alle mit Dir dorthin. Irgend etwas muss an Dir dran sein - wir zahlen jeden Preis - aber bitte lass' uns mit Dir ins Bett gehen !"

    Nun: DAS mein staunendes Publikum ist ... SAP ...

  • B
    berater

    SAP wird immer von "Beratern", "Consultants" eingeführt. Letztendlich hängt der Erfolg einer Softwareeinführung von denen ab, nicht vom Software-Hersteller. Dabei spielt es keine Rolle, ob Software von SAP, Oracle oder Microsoft verwendet wird. Vielleicht sollte mal jemand recherchieren, welches Softwareunternehmen an der Dresdner Uni letztendlich zugange ist, warum gerade dieses Unternehmen ausgewählt wurde - und wie die Vergabe lief...

  • D
    DasBlech

    Ich hatte mit dieser DreiBuchstabenSoftware früher in verschiedenen Firmen zu tun, mein Fazit: Deutsche können nicht programmieren, lediglich ordentlich Bleche biegen...

  • HR
    Hans Reimann

    Fazit: die Uni ist zu doof die Krankenquote in der Personalplanung zu berücksichtigem (Grippe ist auch jedes Jahr neu ;-) und SAP ERP ist scheiße, weil es alles intransparent und kompliziert macht.

  • J
    Jürgen

    "Betroffen sind auch junge Mütter, die auf regelmäßige Zahlungen angewiesen sind."

    Kann es eigentlich auch junge Väter in einer solchen Situation geben?