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standbildPalmenwedeln

„Oh Palmenbaum“

(Di., 3sat)

Wer wollte das nicht: dem Familienstress entfliehen und Weihnachten ganz entspannt auf einer sonnigen Insel verbringen. Den ganzen Mief eingefahrener Beziehungen einmal hinter sich lassen. Schließlich hatte schon der Satiriker Kurt Tucholsky erkannt: Die Ehe ist zum größten Teile/ verschüttete Milch und Langeweile.

Xaver Schwarzenbergers Fernsehkomödie „O Palmenbaum“ hat genau dies zum Thema. Doch zu früh gefreut. Findet solch ein Szenario im deutschen Fernsehfilm statt, gibt es auf Mauritius nichts Eiligeres zu tun, als eine neue Familie zu gründen.

Immerhin, die jungen Leute Kati (Martina Gedeck) und Jonas (Gregor Bloeb) heiraten – ach, wie originell – in Sari und Turban. Und selbstverständlich finden diverse Mütter, Schwiegermütter, Tanten, Onkel, Nichten und Neffen dann doch den Dreh, um nachzukommen. Nun gut. Hingenommen. Jeder englische Regisseur hätte dieses Sujet freudig zum Aufhänger genommen, eine so richtig schön schwarze Komödie zu drehen, die jede einzelne seelische Grausamkeit des Familienterrors derart gruselig ausmalt, dass es einem kalt den Rücken herunterläuft.

Doch was passiert in Xaver Schwarzenbergers „O Palmenbaum“? – Na siehste! Eigentlich ist Mamas striktes Regiment, wenn sie ihre Nase in alles hereinhängen muss, was sie einen feuchten Kehricht angeht, doch gar nicht so schrecklich. Ja, und hat sie nicht auch liebenswürdige Seiten? Ist sie nicht bezaubernd, wenn sie sich von einem schwarzen Jungen mit dem Palmenwedel verwöhnen lässt und dabei genießerisch ihrer Vorliebe für den Kolonialstil Ausdruck verleiht? Und irgendwie ist es halt doch schön, wenn das saubere, ordentliche Reihenhäuschen – wie daheim – eben auch am Urlaubsort vorhanden ist.

Am Ende ist alles öde harmonisch. Alle versöhnen sich, weil Mama so tolle Ideen – und das nötige Kleingeld wohl auch! – hat, mal eben einen Hubschrauber anzumieten, der die ganze Bagage zurück zum Flughafen befördert.

Doch eines konnte man aus dem Film lernen: Es reicht nicht, der Familie zu Weihnachten den Rücken zu kehren. Nein: Weihnachtsfilme im Fernsehen gilt es zu meiden. GITTA DÜPERTHAL

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