Palau nimmt Guantanamo-Gefangene auf: Uiguren kommen in die Südsee
Deutschland zierte sich, nun hat der Inselstaat Palau im Pazifischen Ozean sich zur Aufnahme von uigurischen Guantanamo-Insassen bereit erklärt - und erhält viel Geld.
Der Inselstaat Palau im Pazifischen Ozean will die 17 bislang "unvermittelbaren" uigurischen Insassen des umstrittenen US-Militärgefängnisses auf Guantánamo aufnehmen. Das meldeten am Mittwoch US-amerikanische Medien, nachdem US-Außenminister Hillary Clinton sich kürzlich mit einer formellen Bitte an den tropischen Inselstaat östlich der Philippinen gewandt hatte.
Der palauische Präsident Johnson Toribiong sprach in einem Interview der BBC am Mittwoch von einer "humanitären Geste". Es sei geklärt, dass es sich bei den Angehörigen des im Westen Chinas lebenden muslimischen Turkvolks nicht um "feindliche Kämpfer" handele. Die Aufnahme sei vorübergehend, der Aufenthalt werde in regelmäßigen Abständen überprüft. Weiter sagte Toribiong: "Ich fühle mich geehrt, dass die USA in dieser wichtigen Aufgabe Palau um Hilfe ersucht haben."
Die Entscheidung sei "in Übereinstimmung mit der uralten Tradition Palaus, Menschen in Not Obdach und Hilfe zu gewähren", erfolgt. Zwar ist die Inselrepublik seit 1994 unabhängig, aber die USA sind im Rahmen eines Assoziierungsvertrags weiterhin für Außenpolitik und Verteidigung der Inselgruppe zuständig und unterstützen das Inselreich finanziell.
Wie aus US-Regierungskreisen verlautete, soll das Archipel für die Aufnahme der Uiguren bis zu 200 Millionen Dollar Auslandshilfe erhalten. Als einziges Land hatte bislang Albanien im Jahre 2006 fünf Uiguren aus Guantánamo aufgenommen.
Zuvor hatte die US-Regierung rund 100 Staaten, darunter Deutschland, vergeblich um Aufnahme für die vom US-Militärtribunal für unschuldig erklärten chinesischen Muslime gebeten. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama will die Uiguren nicht an die Volksrepublik China übergeben, die um deren Rückgabe gebeten hatte, weil sie befürchtet, dass diese dort verfolgt und exekutiert werden.
Palau, das nach dem Zweiten Weltkrieg als UN-Treuhandgebiet Mikronesien von Washington verwaltet wurde und seit 1994 formal unabhängig ist, pflegt nur diplomatische Beziehungen zu Taiwan, die es weniger anfällig für Druck aus Beijing machen.
Die Auflösung des umstrittenen Militärgefängnisses Guantánamo war eines der zentralen Wahlversprechen des neuen US-Präsidenten Obamas. Gegen einen Transfer vieler der noch verbleibenden 239 Häftlinge in Hochsicherheitstrakte auf US-Territorium hatten sich unter Verweis auf das Sicherheitsrisiko zahlreiche Kongressabgeordnete beider Parteien ausgesprochen. Seit Obamas Amtsübernahme überstellten die USA einen Häftling an Frankreich und einen an Großbritannien.
Am Dienstag hatte Washington den ersten Guantánamo-Häftling in die USA selbst gebracht. Ein New Yorker Zivilgericht soll Ahmed Ghailani den Prozess machen. Ghailani wird vorgeworfen 1998 an den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania beteiligt gewesen zu sein. Der Tansanier plädierte vor Gericht auf "nicht schuldig".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern