Palästinensischer Politiker Barghuti: "Jerusalem ist der Kernpunkt"
Ohne eine Lösung für Jerusalem wird es keinen Frieden in der Region geben, sagt der palästinensische Politiker Mustafa Barghuti. Die USA sollten Strafmaßnahmen gegen Israel einleiten.

taz: Herr Barghuti, Israel will 900 neue Wohnungen in der Siedlung Gilo errichten. Wie schätzen Sie diese Entscheidung ein?
Mustafa Barghuti: Es geht nicht nur um die 900 Wohnungen in Gilo, sondern es sind auch weitere 300 in Dschabal Mukaber und anderen Regionen geplant. Es sind insgesamt 2.500 neue Wohnungen, von denen wir allein heute erfahren haben. Die Botschaft der Israelis ist klar: Sie wollen keinen Frieden, sondern unilateral Tatsachen schaffen, die eine Zwei-Staaten-Lösung zur Utopie werden lassen.
Die Israelis sagen, dass sie den Siedlungsbau im Westjordanland einstellen wollen, nur in Jerusalem nicht. Könnten sich die Palästinenser damit vorerst nicht zufriedengeben?
Jerusalem ist der Kernpunkt des Friedensprozesses. Ohne Lösung für Jerusalem wird es niemals Frieden in der Region geben.
Was erwarten Sie von den USA?
Die USA sollten umgehend Strafmaßnahmen einleiten und die Hilfszahlungen an Israel einstellen. Ähnliche Schritte sind in der Vergangenheit erfolgreich unternommen worden. Anfang der 1990er-Jahre zwang das Weiße Haus [den israelischen Expremierminister, Anm. der Red.] Jizhak Schamir mit der Drohung, Kreditbürgschaften zu streichen, zu den Verhandlungen von Madrid.
Das Stocken im Friedensprozess und der Siedlungsbau lassen die Zwei-Staaten-Lösung immer weiter in die Ferne rücken. Unter Palästinensern kommt deswegen die Ein-Staat-Lösung wieder ins Gespräch. Was halten Sie davon?
Ob es eine Zwei-Staaten-Lösung oder eine Ein-Staat-Lösung geben wird, ist Entscheidung der Israelis. Es geht nicht darum, ob wir Palästinenser es gut finden oder nicht, sondern darum, dass Israel uns keine Alternative lässt. Fest steht, dass wir, bis es so weit ist, weiter unter der Apartheid leiden werden.
Es gab gerade in den vergangenen Tagen Gerüchte über eine mögliche einseitige Ausrufung eines Palästinenserstaates. Was würde ein solcher Schritt für die Palästinenser ändern?
Wir reden nicht von unilateralen Entscheidungen. Es geht nicht um die einseitige Staatsausrufung, sondern darum, dass die Staatengemeinde Palästina in den Grenzen von 1967 anerkennt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung