Palästinensischer Flüchtling kann vorerst bleiben: Abschiebung abgewendet
Palästinenser sollte nach Italien abgeschoben werden. Dort hätten den Mann unhaltbare Zustände erwartet.
Die für Montag geplante Abschiebung eines palästinensischen Flüchtlings nach Italien ist erfolgreich abgewendet worden. Angesichts der aktuellen Flüchtlingsströme aus Tunesien und Libyen auf die italienische Insel Lampedusa und Italiens Rufs nach Hilfe aus den EU-Staaten hätten Nader El-Ali dort katastrophale Zustände erwartet. Der Flüchtling wurde am Freitagnachmittag überraschend aus dem Abschiebegefängnis Köpenick entlassen.
"Wir reden hier nicht von möglichen abstrakten Folgen. Mein Mandant hat in Italien bereits einen traumatisierenden Aufenthalt hinter sich", erklärt Anwalt Karsten Lüthke. Der 31-jährige Palästinenser war 2008 aus dem Libanon geflohen. Mit der Eröffnung eines Tattoo-Ladens hatte er laut dem Anwalt gegen islamisches Recht verstoßen und in gewaltsamen Auseinandersetzungen Schuss- und Stichverletzungen erlitten.
Er floh nach Italien und wurde dort in einem Park ohne Unterkunft und Betreuung untergebracht. Deshalb suchte er in Belgien Asyl, wurde von dort aber wieder nach Italien zurückgeschickt. Da er erneut in dem Park landete, reiste er nach Deutschland ein und saß seit Anfang diesen Jahres in Abschiebehaft. "Er zittert am ganzen Körper, wenn er über seine Geschichte spricht. Dass seine Abschiebung erst einmal verhindert wurde, ist seine Rettung", erklärt Bernhard Fricke, der evangelische Seelsorger des Abschiebegefängnisses Köpenick.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte Mitte Februar El-Alis Abschiebung beschlossen. Den Eilantrag des Anwalts gegen die Abschiebung lehnte das Verwaltungsgericht Berlin ab und entschied, ihn im Rahmen des Dublin-II-Vertrags nach Italien zurückzuschicken. Der Vertrag besagt, dass ein Flüchtling in dem EU-Land Asyl beantragen muss, in das er zuerst eingereist ist.
Ausgenommen ist davon derzeit Griechenland. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Januar Abschiebungen nach Griechenland verurteilt - wegen unmenschlicher Zustände in den dortigen Auffanglagern. Daraufhin ordnete das Bundesinnenministerium an, dass Asylsuchende derzeit nicht nach Griechenland zurückgeschickt werden dürfen. Für Italien gibt es trotz ähnlicher Zustände solch eine Regelung bisher nicht. "Es gibt aber bereits Verwaltungsgerichte, die eine Abschiebung nach Italien nicht zulassen", erklärt der Anwalt Karsten Lüthke. Dazu zählten etwa Freiburg, Kassel oder auch Köln.
Wahrscheinlich ist, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jetzt reagiert hat. Für eine Stellungnahme war das Bundesamt nach der Entlassung jedoch nicht mehr zu erreichen. Seelsorger Bernhard Fricke hatte am Donnerstag beim Deutschen Bundestag eine Petition gegen die Abschiebung eingereicht. "Wahrscheinlich hat das Bundesamt auf die Petition reagiert und entschieden, dass eine Abschiebung aufgrund der Zustände in Italien nicht vertretbar ist", mutmaßt Anwalt Karsten Lüthke.
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