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Palästinenser-StreitAbbas setzt Wahlen für Januar an

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Gazastreifen ausgerufenen. Die Islamisten kündigen einen Boykott an.

Den 24. Januar als Termin festgelegt: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Bild: dpa

JERUSALEM tazTrotz der von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ausgerufenen Wahlen ist kaum damit zu rechnen, dass die Palästinenser in absehbarer Zeit an die Urnen gerufen werden. Der Erlass sei "widerrechtlich", urteilte Chaled Meschal, der im syrischen Exil lebende Chef des Hamas-Politbüros, der die Wahlen boykottieren will. Abbas hatte am Freitag vor dem Zentralrat der PLO den 24. Januar als Termin für Präsidentschafts- und Parlamentswahlen festgelegt. Gleichzeitig betonte Abbas, er sei unverändert zu einer Versöhnung bereit, um anschließend gemeinsam mit der Hamas über die Wahlen zu entscheiden.

Der Wahltermin war schon während der mit Ägyptens Hilfe vermittelten Gespräche zwischen den beiden zerstrittenen Fraktionen ein Streitpunkt. Die Fatah zeigte sich zunächst überrascht angesichts der von Kairo vorgeschlagenen Verschiebung der Wahlen bis zum Juni, stimmte letztendlich jedoch zu. Die Hamas hingegen verweigerte ihre Unterschrift unter das Kompromisspapier aus Protest gegen die unentschlossene Haltung der Autonomiebehörde, den sogenannten Goldstone-Bericht über den Gazakrieg vor den UN-Menschenrechtsrat zu bringen.

Abbas beauftragte nun die Zentrale Wahlkommission mit der Vorbereitung der Wahlen, die "entsprechend des 2003 vereinbarten Grundgesetzes und des Wahlgesetzes einberufen werden". Turnusgemäß müssten im Januar Parlamentswahlen stattfinden. Laut reformiertem Wahlgesetz soll es zeitgleich Präsidentschaftswahlen geben, wobei die Hamas darauf beharrt, dass die Amtszeit von Abbas schon im Januar 2009 abgelaufen sei.

Der Erlass wie auch die Wahlreform hätte vom Parlament bestätigt werden müssen. Seit dem gewaltsamen Machtwechsel im Gazastreifen vor zweieinhalb Jahren funktioniert das Parlament faktisch nicht mehr. Wahlen, so argumentieren die Islamisten im Gazastreifen, könnten nicht stattfinden, bevor die Abgeordneten der Hamas wieder auf freiem Fuß sind, die sich teils in israelischer, teils in palästinensischer Haft befinden. Zudem würden Wahlen, die nur im Westjordanland abgehalten werden, die Spaltung mit dem Gazastreifen weiter zementieren.

Sollte die Hamas wider Erwarten doch zustimmen, stünde es alles andere als günstig für den Präsidenten. Einer jüngst vom Jerusalemer Medien- und Kommunikationszentrum vorgenommenen Umfrage entsprechend, fiel die Sympathie für Abbas von 17,8 Prozent im Juni auf nur noch 12,1 Prozent, während der Hamas-Chef im Gazastreifen Ismael Hanijeh konstant die Popularität von 14,2 Prozent des Volkes genießt.

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3 Kommentare

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  • F
    Flo

    Trotzdem gibt es bislang keinen Nachfolger. Somit bleibt die Bezeichnung.

     

    Des Weiteren währen Wahlen wohl das einzig sinnvolle. Bevor man nicht eine bestimmte Stabilität im eigenen Land hat, wird es schwer Stabilität mit dem Nachbarland zu erreichen. Doch solange die Hamas in Gaza Einfluss hat, wird das schwer.

  • F
    franziska.qu

    In Ergänzung zum Kommentar von 'Thomas': die israelische Besatzungsmacht und die die israelische Regierung hofierenden EU-Regierungen und die USA verwenden diese Bezeichnung 'Präsident'. Sie brauchen einen Büttel zum vorzeigen. Und Abbas spielt mit. Die deutschen Medien auch.

  • T
    Thomas

    Er ist laut der palästinensischen Verfassung nicht mehr der Palästinenserpräsident, deshalb haben seine Beschlüsse keine Bedeutung.

    Seine Präsisedetschaft ist am 9. Januar 2009 abgelaufen. Aus diesem Grund bitte ich die Taz darum, diese Fehlbezeichnung für Abbas im Namen der Demoktratie zu korrigieren.

     

    Danke im Voraus