Pakistan: Musharraf ernennt künftigen Militärchef
Ashfaq Kiyani gilt als Loyalist und amerikafreundlich.
DEHLI taz General Ashfaq Kiyani soll der militärische Nachfolger des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf werden. Ein Armeesprecher kündigte am Dienstag an, Kiyani sei zum Vize-Chef des Armeestabs ernannt worden. Die frühe Bekanntgabe vier Tage vor der Wahl des neuen Staatspräsidenten kam für viele Beobachter überraschend. Präsident Musharraf hat sich zwar bereiterklärt, seine Uniform abzulegen, aber erst nachdem er die Wahl am 6.Oktober hinter sich habe. Das einzige Datum, das er genannt hatte, war, dies vor seiner Vereidigung zu tun (sie muss spätestens am 15. November stattfinden). Die Opposition spricht Musharraf das Recht ab, sich dem Wahlgremium den Abgeordneten der Zentral- und Provinzparalamente in Uniform zu präsentieren. Er hielt aber daran fest, so meinen Beobachter, weil der Verlust der militärischen Autorität als Schwäche ausgelegt worden wäre und manche Elektoren zu einem Seitenwechsel animiert hätte. Nachdem nun das Oberste Gericht und die Wahlkommission Musharrafs Kandidatur gutgeheissen haben, sah dieser wohl kein Hindernis mehr, den Namen seines Nachfolgers publik zu machen, umsomehr als der Rücktritt von rund 150 Abgeordneten der Opposition am Dienstag seine Wahl beinahe sicherstellen.
Der formelle Anlass für die frühe Ankündigung war allerdings ein anderer. Auf den Tag der Präsidentenwahl fällt auch der ordnungsgemässe Rücktritt des bisherigen Vize-Chefs des Armeestabs, General Ahsan Hayat, der automatisch nachrückt, wenn der Chef zurücktritt. Da die Amtszeit Hayats aber bereits einmal verlängert wurde, kommt er als Kandidat nicht in Frage. Mit Kiyanis Nomination für den Posten des Vize-Chefs ist dieser automatisch als Nachfolger gesetzt. Damit werden auch Rivalitäten innerhalb der Generalsführung vermieden. Die Armee verfügt über 12 Korpskommandanten, die für den Job in Frage kommen. Kiyani ist der General mit der zweithöchsten Seniorität, und wird nur von General Khaled Kidwai überflügelt, von dem man annimmt, dass er Vorsitzender des Generalstabs wird ein zeremonieller Posten.
Es ist selbstverständlich, dass Musharraf mit der Nominierung Kiyanis einen Vertrauensmann auf einen Posten hebt, der traditionell als mächtigster im Land gilt. Kiyani, der Sohn eines Unteroffiziers, hat eine rasche Karriere hinter sich, die er nicht zuletzt seinem Mentor Musharraf verdankt. Er verfügt zudem über die nötige Diskretion, die ihn nie aus dem Schatten des Diktators heraustreten liess. Zudem werden ihm Durchsetzunsgkraft und Professionalität nachgesagt. Dies ist jedenfalls die Meinung Musharrafs, der in seiner Autobiografie In the Line of Fire erzählt, Kiyani habe seine Aufgabe brillant erledigt, als er ihn 2003 mit der Untersuchung der beiden Attentatsversuche beauftragte, die gegen ihn verübt worden waren. Innerhalb weniger Monate hatte Kiyani beide Komplotte aufgedeckt und kurz darauf auch den Kaida-Fadenzieher dingfest gemacht. Dies prädestinierte ihn zur Uebernahme der Führung des mächtigen militärischen Geheimdienstes ISI, dessen Chef er bis vor einigen Wochen war. Ein weiteres Zeichen von Musharrafs Vertrauen zeigt sich darin, dass er Kiyani mit den Verhandlungen betraute, die dieser in den letzten Monaten mit der ehemaligen Premierministerin Benazir Bhutto führte. Zudem wird er als amerikafreundlich eingestuft.
Für die Präsidentschaftswahl am Samstag hat Bhuttos Volkspartei PPP einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Dieser hat, zusammen mit dem Kandidaten eines Anwaltkollektivs, ein weiteres Mal gegen die Nominierung Musharrafs beim Obersten Gericht interveniert. Das ist aber nicht mehr als Schattenboxen. Weit relevanter ist der Umstand, dass sich die PPP dem Wahlboykott der anderen grossen Oppositionsparteien nicht angeschlossen hat. Ein solcher Schritt der grössten Fraktion des Parlaments hätte die Legitimität des Wahlkörpers doch erheblich geschwächt. Trotz eines Gegenkandidaten bleibt Bhutto daher für Musharraf eine Ansprechpartnerin. Die Tatsache, dass auch der zukünftige Armeechef mit ihr persönlich verhandelt hat, bringt auch die Aree auf die gleiche Linie. Eine Einigung muss jedoch bald nach der Präsidentenwahl gelingen, denn auf den 18. Oktober hat die frühere Premierministerin ihre Rückkehr aus dem Exil angekündigt.
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