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PRESS-SCHLAGAlles Glück der Erde ...

■ ... liegt manchmal auf dem Rücken der Pferde Eine Geschichte aus dem sportbegeisterten Irland

Pferde sind in Irland heilige Tiere. Längst wurde ihnen dafür vergeben, daß sie einst das Symbol der Besatzer waren, als die Normannen vor 800 Jahren von der „grünen Insel“ Besitz ergriffen. Heute schlägt man die englischen Nachfahren der Besatzer mit ihren eigenen Waffen.

Noel Furlong aus Dun Laoghaire, einer Hafenstadt südlich von Dublin, ist Pferdenarr und — im bürgerlichen Leben — Teppichhändler. Beides verträgt sich nicht immer. Vor sechs Jahren wurde der 53jährige in England angeklagt, für seine Teppichexporte die Mehrwertsteuer hinterzogen zu haben. Er kam jedoch gegen eine Kaution von 500.000 Pfund (ca. 1,5 Millionen Mark) frei und floh nach Irland.

Fortan durfte er englischen Boden nicht mehr betreten, ohne vorher weitere 500.000 Pfund Steuerschulden bezahlt zu haben. Das Einreiseverbot hätte er vermutlich verschmerzen können, würde nicht jedes Jahr in Cheltenham das berühmte Pferderennen stattfinden. Doch eine halbe Million Pfund sind kein Pappenstil.

Zum Trost kaufte Furlongs Frau Betty die beiden Pferde Illiad und Destriero, die sich schon bald als flinke Rassepferde entpuppten. Im Januar gewann Illiad als Außenseiter das irische Leopardstown- Rennen. Furlong hatte bei einer ganzen Reihe von Buchmachern ein Vermögen auf das Tier gesetzt. Mit dem Gewinn bezahlte er seine Steuerschulden in England.

Damit gab er sich jedoch nicht zufrieden, sondern meldete beide Pferde auch in Cheltenham an. Bis dorthin war der Ruhm der Tiere noch nicht vorgedrungen, so daß die Wetten günstig standen. Furlong verteilte seine Einsätze auf verschiedene englische Buchmacher und — über Mittelsmänner — auch auf deren Filialen in Irland.

Als die Buchmacher schließlich den Braten rochen und die Quoten fielen, war es bereits zu spät: Der fünfjährige Destriero gewann, und Furlong sahnte drei Millionen Pfund ab. Der zweite Coup, der zehn Millionen Pfund eingebracht und verschiedene Buchmacher in den Ruin getrieben hätte, mißlang zwar, weil Illiad im nächsten Rennen nur im Mittelfeld landete, doch Furlong war auch so zufrieden. Zuverlässige Augenzeugen berichteten, daß Furlong nach dem Renntag mit gestrecktem Mittelfinger am Londoner Finanzamt vorbeigelaufen sei. Ralf Sotscheck

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