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PRESS-SCHLAG Vom Versuch des Vaters, dem Sohn seinen Lieblingsverein, 1860 München, zu erklärenPapa, was ist der TSV?

Sohn: Danke für das Geschenk! Ich wollte immer schon mal in die Allianz-Arena. Aber was ist das für ein Spiel, 1860 gegen Heidenheim?

Vater: Weißt du, bei uns in München gibt es zwei Vereine, den FC Bayern, den kennst du ja bestimmt, und eben 1860 München. Das ist mein Verein.

Sohn: Und jetzt willst du, dass das auch mein Verein wird?

Vater: Klar, das ist echt ein ganz besonderer Klub.

Sohn: Warum?

Vater: Die haben mal den besten Fußball gespielt in Deutschland. Da waren die auch Meister.

Sohn: Wann war das denn?

Vater: Vor 50 Jahren. Mit Radi Radenkovic, Peter Grosser und Rudi Brunnenmeier.

Sohn: Aber da warst du doch noch gar nicht auf der Welt.

Vater: Ich kann mich trotzdem noch gut daran erinnern.

Sohn: Und heute?

Vater: Da spielt 60 in der zweiten Liga.

Sohn: Steigen die auf?

Vater: Nein, die müssen aufpassen, dass sie nicht absteigen.

Sohn: Das ist ja jetzt nicht so toll.

Vater: Ja, das ist eben der kleine Klub in München, die haben es nicht so leicht im Vergleich zum FC Bayern.

Sohn: Die haben also kein Geld?

Vater: Doch, da gibt es jemanden, der hat ganz viel Geld in den Klub gesteckt. So jemanden nennt man Investor.

Sohn: Dann ist das so ein Oligarch?

Vater: Nein, der kommt nicht aus Russland, der kommt aus Jordanien und arbeitet in Abu Dhabi. Das ist in Arabien.

Sohn: Ein Scheich?

Vater: Nein, aber der ist auch reich. Der handelt mit Öl und Immobilien und ist ein Mil­liar­där.

Sohn: Und was hat der mit Fußball zu tun?

Vater: Eigentlich nichts, aber er arbeitet mit Fachleuten zusammen. Einer heißt Anthony Power und ist jetzt Geschäftsführer. Power, weißt du, das ist Englisch und heißt Kraft. Der hat schon in Frankreich gearbeitet, in den USA und in Asien. Und er ist studierter Ingenieur.

Sohn: Also hat er auch nichts mit Fußball zu tun.

Vater: Dafür gibt es ja den Thomas Eichin. Der ist Sportdirektor und kann sich jetzt ganz auf den Fußball konzentrieren, weil der Investor nicht wollte, dass er sich auch ums Geschäftliche kümmert.

Sohn: Das verstehe ich jetzt nicht.

Vater: Ja, der Investor wollte vor dem letzten Spiel gegen Kaiserslautern den Trainer entlassen, weil er ihm zu schlecht war. Das haben sie ihm aber erst nach dem Spiel gesagt. Und weil die Mannschaft so schlecht spielt, wollte er eben auch einen neuen Geschäftsführer haben.

Sohn: Ist denn dieser Ismaik der Chef von dem Klub?

Vater: Nein, das darf er nicht sein, weil da gibt es so eine Regel.

Sohn: Wie Abseits?

Vater: Ja, bloß noch komplizierter. Das ist die 50+1-Regel. Auf jeden Fall darf der, der das Geld hat, nicht der Chef sein. Der Chef ist ein anderer Mann, aber der macht immer das, was der Investor sagt.

Sohn: Dann ist dieser Ismaik also doch der Chef?

Vater: Nein, er hat nur das Sagen. Der verpflichtet auch Spieler, wenn er die gut findet. Dann fragt er auch den Sportdirektor nicht. Und er will einen neues Stadion bauen nur für 1860, mit einem Käfig voller Löwen, weil der Klub hat auch einen Spitznamen: die Löwen. Und die sollen auch mal in der Champions League spielen.

Sohn: Wann soll das sein?

Vater: Weiß ich nicht. Irgendwann.

Sohn: Komischer Verein. Gibt es mehr von diesen Klubs?

Vater: Weiß nicht. Den Hamburger SV vielleicht. Was es damit auf sich hat, erkläre ich dir dann ein anderes Mal.

Andreas Rüttenauer

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