PRESS-SCHLAG Platini muss sich Sorgen machen, weil er nun dem Urteil der Fifa-Moralabteilung ausgesetzt ist: Die Ethiker
Der Einfachheit halber werden sie gern die Ethiker genannt: die Mitglieder der Ethikkommission des Fußballweltverbands. Sepp Blatter und Michel Platini, die einst mächtigsten Funktionäre, sollen nächste Woche wieder einmal vor diesem Gremium aussagen. „Danach wollen die Ethiker ihre Entscheidung treffen“, schrieb die Deutsche Presseagentur.
Es geht um die Forderung, die beiden Sonnenkönige wegen Korruption lebenslang für Fußballgeschäfte zu sperren. Ein drakonisches Strafmaß, das die ermittelnden Moralwächter der Recht sprechenden Kammer vorgeschlagen haben. Der beträchtliche interne Schaden, mit dem sich die Ethiker seit geraumer Zeit befassen, soll durch maximale Sanktionen gemindert werden. In der Zentrale in Zürich wird mittlerweile so viel über Moral geredet wie sonst nur im Vatikan.
Platinis Versuch, übergeordnete Sittenwächter zu finden, ist kläglich gescheitert. Der internationale Sportgerichtshof CAS erklärte am Freitag die bislang provisorische 100-tägige Sperre des Franzosen durch die Fifa für rechtmäßig und wies dessen Klage zurück. Dabei war Platini mit dem ungewöhnlichen Versprechen aufgefallen, er werde vor dem CAS „die Wahrheit, nichts als die Wahrheit“ sagen. Nur einen klitzekleinen Teilerfolg konnte der aufrichtige 60-Jährige erringen: Der CAS wies die Ethiker der Fifa an, von ihrer Möglichkeit, die Sperre noch um weitere 45 Tage zu verlängern, nicht Gebrauch zu machen. Ein rein formaler Akt, um zumindest ein wenig die eigene höhere Autorität zu untermauern. Sollte die Fifa Platini und Blatter nächste Woche lebenslang sperren, dann hat sich der Rechtsstreit um die provisorische Sperre sowieso erledigt.
Die Ethiker von der Fifa sind nun also am Zug. Dass das Platini befremdet, ist durchaus verständlich. Lange genug ist er schließlich in dem Laden ein und aus gegangen, in dem sich niemand um krumme Geschäfte geschert hat. Und jetzt soll er sich dem Urteil der Fifa-Sittenwächter unterwerfen? Auch sein einstiger Freund Blatter tut sich mit dieser Umstellung schwer und beklagte jüngst, die Befragungen hätten Züge der katholischen Inquisition.
Rein formal gesehen, ist es aber selbst für die Fifa-Ethikkommission schwierig, Platini für längere Zeit aus dem Verkehr zu ziehen. Mündliche Verträge haben nämlich den Vorteil, dass sie wenig Spuren hinterlassen. Platini beruft sich ja darauf, dass die zwei Millionen Schweizer Franken, die er im Jahr 2011 bekommen hat, auf eine mündliche Vereinbarung zurückgingen, die er mit Blatter getroffen habe. Es sei dabei um eine Begleichung ausstehender Honorare für Platini als Fifa-Berater aus den Jahren 1998 bis 2002 gegangen.
Dass die großzügige Honorarzahlung in Wirklichkeit Platini wohlgesinnt stimmen sollte, Blatter im Wahlkampf um die Fifa-Präsidentschaft zu unterstützen – dieser Nachweis wird schwer zu führen sein. Wenn diese Vermutung auch noch so nahe liegt, die Ethiker müssen ihr Urteil auf belastbare Indizien gründen. Hilfreich wäre sicherlich, wenn Platini wirklich nichts anderes als die Wahrheit sagte. Johannes Kopp
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