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PETER MANDELSONS RÜCKTRITT VERÄNDERT DIE BRITISCHE POLITIKSchlecht für Blair, gut für Labour

Schwerer hätte es Tony Blair nicht treffen können. Der plötzliche Rücktritt von Peter Mandelson ist für den britischen Premierminister ein harter Schlag, ein Vierteljahr vor der vermutlich am 3. Mai stattfindenden Parlamentswahl. Dass Mandelson nicht mehr Nordirland-Minister ist, spielt eine untergeordnete Rolle. Dass er den Wahlkampf Labours nicht weiter leiten will, wiegt viel schwerer. Wie tief Mandelson gefallen ist, zeigt der Umstand, dass er gestern betonen musste, er wolle seinen Wahlkreis bei den kommenden Wahlen schon noch verteidigen. Aus dem Strategen New Labours ist ein einfacher Hinterbänkler geworden.

„Gestern war gestern, und heute ist heute“, erklärte Blair, um die schlechte Nachricht in den Hintergrund zu drängen. Aber dies ist keine schlaue Parole für einen Premier, der seinen nächsten Wahlsieg vor allem mit dem Wachhalten der Erinnerung an die Untaten der konservativen Opposition vor deren Machtverlust 1997 erreichen will.

Aber was schlecht für Blair ist, muss nicht zwingend schlecht für seine Partei sein. Labour und ihr Mandelson haben sich nie verstanden. Immer wenn der Guru Probleme bekommt, geht durch die Parteimitgliedschaft ein hörbares Aufatmen. Sein Rücktritt ist für den Apparat ein Befreiungsschlag: Endlich wird der ungeliebte Ideologe die straßenerprobten Wahlkampfpragmatiker nicht mehr lauernd kontrollieren und im stillen Kämmerlein amerikanisierte Schachzüge aushecken, die mit der Realität der Basis nichts zu tun haben.

Die Sichtweise mutet an wie eine Karikatur, ist aber nahe an der Realität. Ein Wahlkampf ohne Mandelson führt zu einer neuen Präsentation der britischen Regierungspartei. Von hochfliegenden „Dritten Wegen“ wird nicht länger die Rede sein, sondern von der verbesserten staatlichen Gesundheitsversorgung. Der Rückzug des Staates wird nicht weiter thematisiert, sondern dessen Engagement in den darniederliegenden Bereichen des öffentlichen Lebens wie der Eisenbahn. Damit gewinnt man heute in Großbritannien, in dem die Unzufriedenheit über die Unzulänglichkeiten des Alltags immer größer wird, mehr Aufmerksamkeit als mit Konzepten für ein „neues Großbritannien für ein neues Jahrtausend“.

Vielleicht muss Labour diesmal wirklich einen altmodischen sozialdemokratischen Wahlkampf führen, in dem die konservative Opposition als Verein knausriger und weltfremder Ausgabenkürzer vorgeführt wird. Mit Mandelson wäre das nicht gegangen, denn mit New Labour hat das rein gar nichts mehr zu tun. Ob das aber mit Blair geht?DOMINIC JOHNSON

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