piwik no script img

PERVERSIONEN

■ „Statt-Musik“ im Schlachtensee

„Lotos - Musik in einem See“ von Rolf Julius war für Sonntag um 19.30 Uhr im Schlachtensee angekündigt. Und weil man keine richtungsweisende Schilder am gleichnamigen S-Bahnhof aufgestellt hatte, ermöglichte einem diese Unentschiedenheit den Gang um den See, der das Statt-Musik-Konzert erst zum Ereignis machte. Neben dem Plätschern und Juchzen der SchwimmerInnen stöhnte es meist angestrengt an einem vorbei, Freizeitsportler auf schnellen und platten Füßen trainierten für den Marathonlauf, Kinder schlugen sich in die Büsche: „Ich pass auf, wenn du pissen mußt!“, und eine doch beachtliche Gemeinde von an Statt-Musik interessierten Volkes fragte nach dem rechten Weg. Am Ufer in Richtung Eisenbahnlinie, bzw. Stadtautobahn fanden sich diese schließlich auf dem Weg aneinander aufgereiht, kümmerten sich um einen dieser nachgemachten Staubwedelhunde und machten ernste Mienen ob der elektronischen Erneuerung der Stadtlandschaft. Schließlich schwammen im Wasser nahe dem Ufer unter den Bäumen mehrere Lautsprecher, die künstlicherweise Töne von sich gaben, die der geläuterte Großstadtmensch so gerne hat wie vom Balkon aus die Nordsee und über den Dächern nach hinten raus die Alpen. Es quakten also die Frösche zum Konzert, unermüdlich, teils laut, teils leise, manche in hohen Tönen während andere auf Baßlinien turnten. Das ist nun einmal so. Wenn es dem Städter zu bunt wird, sucht er die Ruhe der Idylle beim Froschkonzert und denkt darüber nach, wie viel Spaß diese Amphibien beim Vorspiel zum Geschlechtsakt haben. Aber man muß wohl den Beruf verfehlt haben, wenn man sich diesem Naturschauspiel eine Stunde lang konzentriert hingibt und hätte lieber FörsterIn werden sollen. Aber immerhin hat das Konzert von Rolf Julius einen schönen Platz gehabt und Aufmerksamkeit für den See, der wirklich zum Baden ladet.

Qpferdach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen