: PENN-PHASE
■ „Die magnetischen Felder“ in der „rem-phase“
Um den Traum dreht sich offenbar das Stück „rem-phase - your personal nightmare“ der „Magnetischen Felder“. Zunächst erscheint uns liegend ein bleicher Jüngling, gekleidet wie der Bewohner eines romantischen Spukschlosses. Er spricht von seiner nihilistischen Weltsicht, daß es die Bestimmung des Menschen sei, seinen Artgenossen zu quälen, und erklärt uns seine Liebe zum Albtraum, den er durch eine bestimmte Haltung im Schlaf zu evozieren vermag. Nun erscheinen ihm Traumgestalten, wie sie in anderen Stücken bisweilen gebraucht werden, um Vorgänge in der psychischen Tiefe des Helden zu symbolisieren. Doch hier erfüllen sie das ganze Stück, lassen sich mit verzerrtem Gesicht und Leib in krampfende Tänze und Verschlingungen ein. Der Jüngling, stets dazwischen, hat nichts weiter zu sagen, wenn seine Schimären in Lallen oder Schreien ausbrechen, ist er dabei. Oder er ist ausgeschlossen, wenn sie ihm die Annäherung verweigern, ausweglos, wenn sie ihm den Weg verstellen, hilflos, wenn sie ihn quälen. Das Ganze begleitet von einlullender Moog-Musik oder für sich recht ansprechendem Violin- oder Saxophonspiel. Ein Geblitz und Gedonner beendet schließlich des Helden und unsere Qual.
Wozu das? „Der zähe Stoff des alltäglichen Befindens sollte, durch die Form des Traums gefiltert, in die Form eines Theaterstücks gegossen werden“, so intelligent ist Regisseurin Ulrike Dietmann immmerhin. Wie man die Form in die Form gießt, möge man sie selbst fragen.
Hier geht es nicht ums Förmchengießen, sondern um ein Theaterstück, das den Traum zum Inhalt hat. Darin müßte sich eine Beschäftigung mit dem Thema Traum zeigen. Man braucht gar nicht in die Theorie zu gehen, schon die eigene Erfahrung zeigt, daß der Traum die alltäglichen Eindrücke nicht filtert, sondern sie entfaltet, sie in den Zusammenhang vielfältiger Assoziationen stellt. Er gebraucht die Sprache wie gedankliche Verbindungen, führt nicht Gespenster, sondern Menschen vor, die er miteinander vertauscht oder zu überraschenden Konstellationen vereint. Er ist darin der künstlerischen Imagination nächst verwandt.
Für die „Magnetischen Felder“ scheint die Berufung auf den Traum Entschuldigung zu sein dafür, daß sie zu keiner künstlerischen Umformung des „alltäglichen Befindens“ fähig sind. Diesem Monsterreigen fehlt jeder konkrete Ausdruck. Es gibt Szenen, die - ganz allgemein - in diesem oder jenem Stück am Rand ihren Platz haben könnten, vorzugsweise aber im zweitklassigen Horrorfilm. Freilich, daß die Form des Ausdrucks nichtssagend ist, kann man der Gruppe nicht vorhalten. Es ergibt sich notwendig daraus, daß sie den Inhalt nicht begriffen hat.
Nun redet sie sich noch darauf heraus, daß in diesem Stück „das Leben ... stärker als das Theater“ war. Der Zuschauer mag um seiner Lust willen ins Theater gehen, dem Theaterschaffenden gibt die inhaltliche und expressive Kraft des Stücks die Befriedigung, dafür nimmt er die Leiden der Proben und der Ausbildung in Kauf. Nun die selbstverliebten Genien der „Magnetischen Felder“ haben das wohl nicht nötig. Aber brauchen sie überhaupt den Zuschauer?
glagla
„Die magnetischen Felder“ zeigen „rem-phase“, 1. und 10. -15.8., jeweils 22 Uhr im Statthaus Böcklerpark, 1-61.
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