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PDS will Staatschef Cossiga zu Fall bringen

 ■ Aus Rom Werner Raith

Erstmals in der Nachkriegsgeschichte Italiens soll formell vor dem Parlament gegen einen Staatspräsidenten wegen „Angriffs auf die Verfassung“ verhandelt werden. Staatspräsident Francesco Cossiga (63), in den letzten beiden Jahren rastlos in Rundumschlägen gegen alle möglichen echten und eingebildeten Feinde tätig und stets bereit zur Attacke gegen sämtliche Verfassungsorgane, hat diesmal möglicherweise endgültig überzogen.

In einer spektakulären Aktion hat er — unter Androhung polizeilicher Gewalt — eine Sitzung des Obersten Richterrates unterbunden. Der „Corte supremo della magistratura“ (CSM), das höchste Selbstverwaltungsorgan der italienischen Rechtsprechung, wollte auf seiner Sitzung am vergangenen Mittwoch eine Reihe von Fragen behandeln, die Cossiga als unzulässig betrachtet — so etwa über die eben in Rom angeklagte, vor zehn Jahren aufgelöste Geheimloge ,Propaganda 2‘ und über einige dubiose Waffengeschäfte mit Libyien, in die möglicherweise der derzeitige Ministerpräsident Andreotti verwickelt ist. Cossiga, der qua Amt dem CSM vorsteht, weigerte sich, die Tagesordnung anzuerkennen, und drohte mit sofortiger Auflösung des Richterrates. Doch dessen Vizepräsident, der Christdemokrat Galloni, berief die Sitzung dennoch ein. Aus Protest wollen am 3. Dezember — ebenfalls erstmals in der Nachkriegsgeschichte Italiens — alle Richter in Streik treten.

Die „Demokratische Partei der Linken“ (PDS), die aus der ehemaligen kommunistischen Partei hervorgegangen ist, fordert die formelle Anklage Cossigas wegen „Angriffs auf die Verfassung“. Auch die Christdemokraten haben seit geraumer Zeit ein gespanntes Verhältnis zu dem Staatschef aus ihren eigenen Reihen. So haben die Senatoren der DC bereits vor einigen Tagen einen Gesetzentwurf zur Regelung des Verhältnisses zwischen dem Staatspräsidenten und der Justiz eingebracht, der eine klare Kneblung für Cossiga bedeuten würde.

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