PASSERSATZ: Abschiebung mit Alias-Namen
Ein Angolaner beantragte unter falschem Namen Asyl. Später klärte er seine Identität auf. Jetzt schob man ihn unter dem falschen Namen ab - mit Recht, so das Verwaltungsgericht.
Wer einmal versucht hat, mit einem Flugticket zu verreisen, in dem sich ein Schreibfehler eingeschlichen hat, kennt das Problem: Weichen die Angaben auch nur in Nuancen von denen im Pass ab, dann geht die Reise gar nicht erst los. Auch die Bundespolizei versteht keinen Spaß, wenn Reisedokumente widersprüchlich sind. Geht es aber um eine Abschiebung, dann sehen die Behörden die Sache deutlich lockerer. Am Montag jedenfalls entschieden Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht (OVG): Man darf einen Flüchtling auch mit einem falschen Namen im Pass abschieben.
Der 32-jährige Angolaner Domingos Paulino M. war vor Gericht gezogen. Er hatte vergeblich versucht zu verhindern, dass er gestern morgen von Bremen über Amsterdam nach Luanda abgeschoben wurde. In der Tasche hatte er dabei ein so genanntes Passersatzpapier, eine Art Einmal-Pass, ausgestellt von der angolanischen Botschaft in Berlin für die Ausländerbehörde Bremen. Das Problem: Das Reisedokument enthielt nicht M.s richtigen Namen. Es lautete auf Amadeu Marcelino M.
"Die Behörde hat hier eine falsche Urkunde benutzt, die die Identität meines Mandanten nicht abbildet", sagt M.s Anwalt Torsten Müller. Doch die Gerichte wiesen den Einwand zurück: Trotz des Alias-Namens "stand die Identität der Person fest", sagt der OVG-Richter Hans Alexy. "Es war nur die Frage: Wie heißt er mit Vornamen? Es war nicht so, dass es möglicherweise noch eine zweite Person gibt." Deshalb, so das Urteil, verstoße eine Abschiebung mit dem Alias-Papier "nicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze". Allein entscheidend sei gewesen, "dass der Zielstaat aufnahmebereit war".
M. selbst war es allerdings, der den falschen Namen - Amadeu Marcelinho - bei seiner Einreise 2002 in die Welt setzte. Sein Asylantrag wurde kurz darauf abgelehnt. Doch weil die Ausländerbehörde keinen Pass für ihn beschaffen konnte, blieb er jahrelang als Geduldeter in Bremen und anderen europäischen Ländern. Schließlich machte er reinen Tisch: 2008 räumte er gegenüber der Ausländerbehörde ein, seine Identität verschleiert zu haben und nannte seinen richtigen Namen. Mit dieser echten Identität führte die Ausländerbehörde ihn im Juni 2010 zum wiederholten Mal zwangsweise angolanischen Diplomaten vor. Warum die das Papier falsch ausstellten, ist offen. Die Ausländerbehörde jedenfalls erwähnte das Problem in ihrem Haftantrag - und bekam trotzdem die Erlaubnis, M. am 25. August im Stadtamt in der Stresemannstraße zwecks Abschiebung festnehmen zu lassen.
Sein Anwalt kritisiert die Eile. Denn M. lebte im Sommer in dem Asylbewerberheim in der Ludwig-Quidde-Straße drei Wochen lang mit einem Tuberkulosekranken zusammen. Zwar sei das Risiko nur noch gering, dass er sich infizierte, doch die ausschlaggebende zweite Blutuntersuchung wäre erst in einigen Tagen möglich gewesen.
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