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PARTEIAUSTRITT: DIE GRÜNE ILKA SCHRÖDER HAT KEIN KONZEPT FÜR IRREEine Kapitulation vor der Realität

Niemand wird Ilka Schröder nach ihrem gestrigen Parteiaustritt fragen, warum sie das gemacht hat. Die Frage lautet vielmehr: „Warum gerade jetzt?“ Die Antwort „Jeder Tag ist ein guter Tag, um bei den Grünen auszutreten“ reicht nicht. Denn die jüngste Abgeordnete im EU-Parlament hat in den vergangenen zwei Jahren nicht mit dem Bauch Politik gemacht, sondern mit dem Kopf – auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wurde. Wenn sie bislang trotz scharfer Attacken ihrer „Parteifreunde“ blieb und nun zu einem Zeitpunkt geht, wo der moralische Druck des 11. September im Parlament ankommt, dann wirkt das als Signal – selbst wenn es tatsächlich anders gemeint sein sollte.

Die Grünen-Fraktion im Europaparlament hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, die Attentate in den USA als Nato-Bündnisfall zu interpretieren. Als Trostpflaster für den linken Flügel wurde die Formulierung aufgenommen, dies sei kein „Blankoscheck“ für militärische Reaktionen. Ilka Schröder, in deren Streitschriften Joschka Fischer nur „der Kriegsminister“ genannt wurde, hat damit natürlich ein Problem. Denn das Dilemma der anderen grünen Europaparlamentarier, deren Parteifreunde in fünf nationalen Regierungen den Nato-Beschluss mittragen müssen, interessiert sie nicht – das hat sie in den vergangenen zwei Jahren deutlich gemacht. Warum also nutzt sie ihren Rücktritt nicht für eine flammende Kritik der Amerikahörigkeit der europäischen Grünen?

Die Antwort ist einfach: Wer wie Ilka Schröder die Geheimdienste abschaffen, alle Grenzen öffnen und alle Soldaten nach Hause schicken will, ist angesichts dieser neuen Dimension menschenverachtenden Terrors nur noch ratlos. In Ilka Schröders Weltbild sind Irre nicht vorgesehen. Angesichts der Bilder aus New York heißt für sie der Kriegsminister plötzlich wieder Außenminister. Warum sie es ausgerechnet jetzt in seiner Partei nicht mehr aushält, bleibt ihr Geheimnis. Denn es gibt für eine, die grünen Grundsatzbeschlüssen treu bleiben will, sicher viele gute Tage, um bei den Grünen auszutreten. Gestern allerdings war ein besonders schlechter. DANIELA WEINGÄRTNER

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