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PALÄSTINENSER INS ZWANGSEXIL – KEIN PROBLEM FÜR BERLUSCONIItaliens Großmächte USA und Vatikan

„Drei Terroristen“ seien die Palästinenser, die auf Zypern ihrer Weiterreise nach Italien harren, befand Roberto Calderoli von der Regierungspartei Lega Nord – und doch stößt die Aufnahme der Kämpfer aus Bethlehem in Italien auf fast ungeteilte Zustimmung. Wer da kommt, ist kein Geheimnis: Die Zeitungen des Landes veröffentlichen ausführliche Biografien der Al-Aksa- und Hamas-Kämpfer, die sich lesen wie Fahndungsaufrufe. Widerspruch regt sich dennoch bloß bei den Kommunen, die als möglicher Aufenthaltsort der Palästinenser im Zwangsexil genannt werden. Die Regierung dagegen darf sich ausnahmsweise über die Unterstützung aller Oppositionsparteien freuen und sieht – anders als die meisten anderen Aufnahmeländer – überhaupt keinen Anlass, sich zu winden und zu zieren.

Befremdliches Italien? Landeskenner überrascht dieses Verhalten nicht. Seit Jahrzehnten sind Roms Diplomaten Arabien- und Palästina-freundlicher als ihre Kollegen etwa aus Berlin und London. Und die Sache der PLO genießt auch in der Bevölkerung große Sympathie. Doch nicht deswegen hat Berlusconi sich für die Palästinenser verwendet. Gerade seine Koalition hat sich auch im Nahostkonflikt neu justiert. Fest an der Seite der USA und Israels: Dies ist heute die Marschroute in Rom. Besonders eifrig gibt sich Vizeministerpräsident Gianfranco Fini, Chef der Exfaschisten. Allzu gern möchte er endlich in Tel Aviv vorgelassen werden. Warum dann aber der glatte Entschluss, die PLO- und Hamas-Kämpen statt vor ein israelisches Gericht nun nach Italien zu bringen?

Drei sind nicht 13 – dies die erste Antwort. Zunächst nämlich schien es so, als sei das ganze Kontingent auf dem Weg nach Rom. Das hatte der Vatikan mit den USA, Israel und den Palästinensern ausgehandelt, wohl unter Zustimmung Italiens. Irgendwer muss da Bereitschaft signalisiert haben, womöglich der Gern- und Viel-Versprecher Berlusconi selbst. Als die Lösung dann in der Zeitung stand, wollte die Regierung davon nichts mehr wissen, zu propalästinensisch wirkte das Ergebnis.

Dabei – und dies der zweite Grund – ging es wohl weniger um Dienst an der palästinensischen Sache als um Dienstfertigkeit gegenüber zwei Großmächten, die unter Berlusconi sehr viel zählen: den USA und dem Vatikan. Beiden ist nun genutzt, ohne dass Italien Schaden genommen hätte; fünf weitere EU-Nationen – unter ihnen mit Spanien, Portugal, Irland und Belgien bezeichnenderweise vier katholische, und Griechenland ist orthodox – wirken murrend bei der Lösung mit. Italiens Regierung aber freut sich mit Grund: Sie hat einen Beinahe-Schlamassel zum diplomatischen Erfolg gewendet. MICHAEL BRAUN

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