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 ■ P R E S S E S T I M M E N

„Salzburger Nachrichten“: Bundeskanzler Kohl machte in wenigen Tagen viel von dem zunichte, was seine Vorgänger und die große Mehrheit der Deutschen seit 1945 mühsam und beharrlich aufgebaut haben: das Vertrauen der Welt in eine deutsche Demokratie. Natürlich ist diese Demokratie nicht in Gefahr, doch der tolpatschige Kurvenredner Kohl erzeugt ein Klima des Mißtrauens, weil er mit den Polen umspringt, als seien sie Grenzdebile.

„Berlingske Tidende“:

Bundeskanzler Helmut Kohl mußte nach seinem Parforce-Ritt durch die grenzpolitische Landschaft der Nachkriegszeit absatteln... Das bedeutet aber nicht, daß er sich gebeugt hat. Er hält weiter daran fest, daß ein Grenzvertrag nur mit einer wiedervereinigten Regierung geschlossen werden kann.

Kohl hat mit seiner eigensinnigen Politik erreicht, daß die Bedingungen für die Wiedervereinigungsverhandlungen zwischen den beiden deutschen Regierungen und den vier Deutschland -Mächten verschärft worden sind. Der polnische Wunsch, mit am Tisch zu sitzen, wenn es um Polens Angelegenheiten geht, hat Gehör gefunden.

„Svenska Dagbladet“

Nach einigem Hin und Her scheint Bundeskanzler Helmut Kohl eingesehen zu haben, daß seine Linie zur Frage der polnisch -deutschen Grenze nicht länger haltbar war. Noch vorgestern erklärte der Bundeskanzler, daß er die ganze Aufregung nicht verstehe. Das war kaum eine wahrheitsgemäße Äußerung. Auch wenn Helmut Kohl nicht der intellektuell brillanteste Politiker auf der Weltbühne ist, so ist er ein geschickter, zielbewußter und geduldiger Herr, der schon oft in schwierigen Situationen mit beiden Beinen auf dem Boden gestanden hat.

Der liberale „Guardian“:

Beinahe faßte es Helmut Kohl gestern zusammen: 'Fehler wurden gemacht, auch von mir‘. Hätte er gesagt, 'hauptsächlich von mir‘, wäre es besser gewesen. Die ungeschickte Affäre um die Oder-Neiße-Linie und des Kanzlers beabsichtigte Unbestimmtheit über die tatsächlichen Grenzen eines vereinten Deutschlands ist zu einem persönlichen Desaster für ihn geworden.

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