■ Oxforder Studie: Warten auf 2001
Die britische Regierung stützt sich bei ihrer Weigerung, weitere Rinder wegen des Verdachts auf eine BSE- Erkrankung zu schlachten, auf eine Studie der Oxford University, die am 29.8. im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler aus Oxford hatten errechnet, daß 90 Prozent aller Tiere, die jemals mit BSE infiziert wurden, bereits verendet oder geschlachtet worden seien. Nur knapp 7.000 weitere erkrankte Rinder werde es in Großbritannien geben, bis die Krankheit im Jahr 2001 ohnehin verschwunden sein werde. Wolle man durch Notschlachtung die Zahl der noch auftretenden BSE-Fälle halbieren, erklärte Christl Donnelly, Mitarbeiterin des Foschungsteams, bei der Veröffentlichung der Studie der britischen Tageszeitung Guardian, „müßte man bis zum Jahresende eine Million britische Rinder schlachten“. Die konservative Regierung in London hatte sich danach auf den Standpunkt gestellt, daß die Schlachtung von weiteren 147.000 Tieren, auf die man sich mit der Europäischen Union geeinigt hatte, nicht wirkungsvoll, also überflüssig sei.
Die Wissenschaftler um den Virologen Roy Anderson hatten für ihre Studie ein sogenanntes Ausbreitungsprogramm auf BSE angewandt, daß ursprünglich entwickelt wurde, um die Verbreitung von Aids zu prognostizieren. Nachdem in Großbritannien zwölf neue Fälle des tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Syndroms aufgetreten waren, hatte die britische Regierung den Oxforder Zoologie-Professor um diese Untersuchung gebeten. Die neuen Fälle von Creutzfeldt- Jakob stehen im Verdacht, auf den Genuß von BSE-verseuchtem Rindfleisch zurückzugehen.
Der vom britischen Landwirtschaftsministerium unterstützten Oxford-Studie ist auch zu entnehmen, daß möglicherweise bis zu 700.000 britische Rinder, die an BSE erkrankt waren, in Hamburger-Buden und an Mittagstischen zum menschlichen Verzehr freigegeben wurden.
Was die Gefährlichkeit der Rinderepidemie angeht, gaben die Oxforder Wissenschaftler keine Entwarnung: Vor allem die 450.000 BSE- Rinder, die bis 1991 von Menschen verzehrt wurden, könnten „erhebliche gesundheitliche Auswirkungen“ haben, so die Studie.
Die Schweizer Regierung hat Anfang der Woche den umgekehrten Schluß aus der BSE-Krise gezogen wie die Briten. Obwohl in der Schweiz, dem Land mit den zweitmeisten BSE-Fällen, bislang erst 223 Tiere an BSE verendet waren, kündigte der Nationalrat in Bern die Schlachtung von bis zu 230.000 Rindern an, das ist etwa jedes achte Schweizer Rind. In Großbritannien wurden bis Ende August 163.000 Fälle von BSE registriert. ten
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