piwik no script img

Outlaw-Country-Star Kacey MusgravesLiebe, Hoffnung und Arschtritte

Die texanische Sängerin Kacey Musgraves mischt die Countryszene auf. Die Texte ihres neuen Albums „Golden Hour“ provozieren die religiöse Rechte.

Nimmt kein Blatt vorn Mund: Kasey Musgraves Foto: Kelly Christine Sutton

Luftige, anheimelnde Melodien, eine Stimme voller Sonne, Midtempo-Countrypop, der mit genretypischen Paraphernalia wie Banjo und Steelguitar angereichert ist – musikalisch verfolgt die texanische Sängerin Kacey Musgraves ein Konzept, das einen beim Mitwippen im Schaukelstuhl nicht überrascht von der Veranda kippen lässt. Mehr Aufmerksamkeit erregt die 29-Jährige mit ihren Texten.

In dem als „Bester Countrysong 2014“ mit einem Grammy ausgezeichneten „Merry Go ’Round“ vom preisgekrönten Album „Same Trailer Different Park“ (2013) nimmt Mus­graves traditionelle Verhaltensweisen aufs Korn und besingt beschwingt die tödliche Langeweile einer regelkonformen Lebensführung.

Der Song „Follow Your Arrow“ trudelt zwar als unverdächtiger Countrypop ins Ohr, ist aber eine Aufforderung, selbstbestimmt zu leben, sei es in Bezug auf sexuelle Ausrichtung, Religionsausübung oder Drogenkonsum, einfach, weil das Leben zu kurz ist, um sich von Konventionen drangsalieren zu lassen. Derartig progressive Meinungsäußerungen führten dazu, dass konservative Radiosender ihre Musik boykottieren und brachten ihr die Zuschreibung „New Outlaw“ ein.

Vom Kuhkaff auf die Showbühne

Bereits im Alter von 13 veröffentlichte Kacey Musgraves 2002 ihr Debütalbum, „Movin’ On“. Sie war zu der Zeit „International Teen Yodeling Champion“. Zwei weitere Alben, 2003 und 2007 erschienen, halfen der Texanerin dabei, sich von klapprigen Podesten in Kuhkäffern wie ihrem Heimatort Mineola auf die polierten Bühnen des Showbusiness zu spielen – trotz oder wohl eher wegen des auch für Redneck-Verhältnisse rebellischen Auftretens – das Musgraves selbst gar nicht als solches empfindet, sie singe einfach nur über Themen, die sie beschäftigen, sagt die Künstlerin.

Auf „Golden Hour“, dem insgesamt vierten Werk beim Majorlabel Mercury Nashville, geht sie mehr ins Detail als früher. Die Ballade „Slow Burn“ kommt wie ein kühlender Windhauch daher, wendet sich gegen überhitzte Schnellschüsse, wirbt für Gelassenheit im Umgang miteinander.

Das Album

Kasey Musgraves: "Golden Hour" (MCA Nashville/Universal)

Auf „High Horse“ vermengt Musgraves Country-Elemente mit Disco zu einem catchy Song, der Männer mit Macho-Allüren vom hohen Ross holt und in die Wüste schickt: „Oh I bet you think you’re John Wayne / Showing up, shooting down everybody / You’re classic in the wrong way / And we all know the end of the story […] Darling, you take the high horse and I’ll take the high road / If you’re too good for us, you’ll be good riding solo“.

Derlei Widerborstigkeit muss im Country-Heartland für die einen wie ein Befreiungsschlag wirken, für die Mehrheit ist es ein Affront. Und auch im Liebesglücksmodus verliert sich Musgraves nicht in blauäugiger Schwärmerei: „Now you’re lifting me up, ’stead of holding me down / You’re taking my hand, ’stead of taking my crown“. Den Song „Butterflies“ hat sie für ihren frisch angetrauten Ehemann, den Musiker Ruston Kelly, komponiert. Musgraves wollte mit „Golden Hour“ der Welt in düsteren Zeiten ein Quäntchen Hoffnung, Liebe und Farbe schenken, versehen mit wohlgesetzten Arschtritten. Das hat gut geklappt, danke schön.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das hat Paula Cole schon 1997 in den Hitparaden rauf und runter thematisiert: "Where Have All the Cowboys Gone?"