: Ostpartei statt Ossipark
■ In zwei Wochen will sich die „Ostdeutsche Wahlpartei“ gründen
Berlin (taz) – Sie kommt nun doch, die „Ostdeutsche Wahlpartei“. Nach Monaten der Gerüchteküche, der Unterstellungen und Richtigstellungen bestätigte gestern die Berliner Rechtsanwältin Ruht Martin, sie werde in den nächsten zwei Wochen zusammen mit einem etwa 20köpfigen Initiativkreis eine „Sammlungspartei“ ins Leben rufen. Ziel der Partei, die auch zu den Bundestagswahlen im kommenden Jahr kandidieren soll, ist die „wirkliche politische Interessenvertretung“ der Bevölkerung in den neuen Bundesländern, von denen viele „nicht die CDU, nicht die SPD, nicht die FDP und schon gar nicht PDS oder Bündnis 90/Grüne wählen wollen“.
In einem Memorandum unter dem Titel „Eine Ostdeutsche Wahlpartei – macht das Sinn?“ schreibt die Rechtsanwältin, die unter anderem die Kali-Kumpel in Bischofferode vertreten hat, es sei an der Zeit, sich der „extrem divergierenden Interessenlage“ zwischen Ost und West zu stellen. Um zu einer wirklichen Einheit zu kommen, müsse man das, „was sich trennend in den Weg stellt, zunächst deutlich machen“. Die neue Organisation solle „Nichtwähler verhindern und auch jenen eine Alternative sein, die sonst glauben, ihren Protest nur wirksam bei den Republikanern anbringen zu können“. Erste und wichtigste Forderung der Sammlungspartei müsse die nach einer Aufhebung der Fünfprozentklausel sein, die sich im Einigungsprozeß zu einem „gefährlichen Instrument der Verhinderung eigenständiger politischer Interessenvertretung der Ostdeutschen entwickelt“ habe. Weiter solle sie über die Einhaltung des Einigungsvertrages wachen und sich für einen sofortigen Regierungsumzug nach Berlin einsetzen. Die zwangsläufige Minderheit in den etablierten Parteien habe die Ostdeutschen frustriert und den Wunsch „nach einer eigenen Vertretung geschaffen“.
Spekulationen um eine Wahlpartei hat es zuletzt im Sommer beim „1. Ostdeutschen Bundeskongreß der Verbände“ gegeben, der für sich in Anspruch nimmt, rund 1,5 Millionen Mitglieder zu vertreten. Die Gründung einer Ost-Partei wurde auch im Dunstkreis der „Komitees für Gerechtigkeit“ debattiert. Die PDS erteilte einer Wahlpartei hingegen eine Absage – sie bot Vertretern der Komitees und der Verbände aber an, auf offenen Listen der PDS zu kandidieren.
Wer die Parteigründung unterstützt, wollte die Rechtsanwältin Martin gestern nicht verraten. Eingeweiht ist offenbar aber der letzte Staatsratsvorsitzende der DDR, der langjährige LDPD-Vorsitzende Manfred Gerlach. Er wurde mit der Aussage zitiert: „Prominente werden ebensowenig wie ich zu den Gründungsmitgliedern gehören. Das machen weithin unbekannte DDR-Bürger. Das ist so geplant.“ Wolfgang Gast
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