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Archiv-Artikel

Ossietzky-Uni leidet

Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig: Der Sparkurs der Landesregierung zwingt Hochschulen zu Einschnitten

Oldenburg taz ■ Niedersachsen muss sparen. Gestern Abend traf sich Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) mit den niedersächsischen Hochschulpräsidenten, um über Einsparungen an den Hochschulen zu beraten. „Leistungsorientierte Verteilung der Mittel“ nennt Wulff die Kürzungen. Trotz gegenteiliger Wahlkampfankündigungen will die neue Landesregierung aus FDP und CDU im nächsten Jahr insgesamt 40,65 Millionen Euro weniger für die Hochschulen des Landes ausgeben (taz berichtete). Das Wissenschaftsministerium gibt dazu den Unis lediglich den einzusparenden Betrag vor. Wie dieser erwirtschaftet wird, ist dann ihre Sache. Das Präsidium der nach Carl von Ossietzky benannten ehemaligen Reform-Universität Oldenburg legt jetzt Pläne vor, die von dem ursprünglichen gesellschaftskritischen Anspruch der Hochschule nicht mehr viel übrig lassen.

Danach sollen die Studiengänge Politikwissenschaft, Soziologie, Psychologie, Sport, Landschaftsökologie und technische Bildung dicht gemacht werden. Laut uni-internen Papieren geht es um einen Betrag von 2,4 bis 3,6 Millionen Euro, der jährlich eingespart werden soll. Dies entspricht 60 bis 80 Stellen aus Wissenschaft und Verwaltung. Da der Haushalt der Uni zu 80 Prozent aus Personalkosten besteht, will das Präsidium ab dem kommenden Jahr Professuren der betroffenen Institute, die aus Altersgründen auslaufen, nicht wieder besetzen. Ein Uni-weiter totaler Einstellungsstopp ist bereits verhängt.

Gegen die Kürzungspläne regt sich Widerstand von zahlreichen Seiten. Professor Michael Sukale, Dekan der hauptsächlich betroffenen Fakultät IV „Human- und Gesellschaftswissenschaften“, hält die Einsparungen für nicht hinnehmbar: „Von der Fakultät wird nur noch eine unattraktive Rumpfstruktur übrig bleiben.“ Mit der Streichung von Studiengängen begehe die Uni einen „Selbstmord auf Raten“. Die betroffenen Institute haben Resolutionen vorgelegt, die vom Präsidium fordern, die Kriterien, nach denen es die zu streichenden Studiengänge auswählte, offen zu legen. Doch das Präsidium hüllt sich in Schweigen. Und ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums sagte, wer jetzt mit konkreten Beträgen an die Öffentlichkeit trete, beraube sich der Chance, im Gespräch mit der Landesregierung noch Veränderungen zu erwirken.

Bis Anfang September sollen alle Hochschulen dem Ministerium konkrete Sparpläne vorlegen. Wissenschaftsminister Lutz Stratmann will mit seinem „Hochschuloptimierungskonzept“ die Strukturen in der niedersächsischen Hochschullandschaft verändern. Langfristig sollen nicht mehr alle Universitäten jeden Studiengang anbieten, sondern sich auf ihre Stärken konzentrieren und unterschiedliche Profile bilden. Wie viel Geld die einzelnen Universitäten im nächsten Jahr einsparen müssen und welche Studiengänge eventuell von der Schließung bedroht sind, bleibt weitgehend im Dunkeln. Ein Sprecher des Ministeriums teilte lediglich mit, dies werde „durch laufende Evaluation ermittelt“. Thorsten Busch