Osman Engin Die Coronachroniken: Die Corona-Götter
Osman Engin
ist Satiriker in Bremen. Zu hören gibt es seine Kolumnen unter https://wortart.lnk.to/Osman_Coro-na. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).
Gestern Nacht wurde ich mit starken Magenschmerzen zum Krankenhaus gefahren. Genauer gesagt, ich habe mich selbst hingefahren, weil meine Frau nicht mal ihren Fernsehkonsum unterbricht, wenn ich am Sterben bin. Angeblich, weil ich jede Nacht zum Notarzt rennen würde.
Magenschmerzen sind bisher kein allgemein anerkanntes Corona-Symptom, aber man kann nicht vorsichtig genug sein. Womöglich habe ich mir die ganz neueste Variante eingefangen: Osmankron!
Am nächsten Morgen bekomme ich in meinem Krankenzimmer Besuch von einem Gott in Weiß, der von einer Horde junger Assistenzärztinnen begleitet wird, die ihn vergöttern. Naja, Götter sind nun mal zum Vergöttern da. Prof. Prof. Dr. Dr. Laudowitz fragt mich mit einer sehr souveränen TV-Chefarztstimme:
„Herr Engin, können Sie sich vorstellen, dass zwischen Ihrem Magen und Ihrem Gehirn eine Verbindung besteht?“, und schaut dabei die jungen Damen grinsend wie aus einer Zahnpasta-Werbung an, als wäre er nicht nur der größte Prof. Prof. Dr. Dr., den dieses Krankenhaus je gesehen hat, sondern auch der größte Kabarettist – Prof. Prof. Kab. Kab. sozusagen.
Die jungen Damen mit Pferdeschwanz, Mundschutz und weißen Kitteln kichern respektvoll.
Um den Zorn der Götter nicht auf mich zu ziehen, bestätige ich seine Frage sofort: „Ich denke schon. Beide gehören ja mir!“
Die Damen kichern erneut, was dem Prof. Prof. Kab. Kab. gar nicht gefällt, worauf er noch eine Pointe draufsetzt:
„Ihre Frau und Ihr Auto gehören auch Ihnen. Besteht da auch eine Verbindung?“ Er grinst erneut sein Zahnpasta-Grinsen, was bei den jungen Damen diesmal gar nicht gut ankommt.
„Wie können Sie denn eine Frau mit einem Auto vergleichen?“, wird er hinter den dicken Masken kritisiert. Der Gott in Weiß wird rot im Gesicht und rammt mir zur Strafe seine linke Armbeuge in die Magengrube.
„Beide Sachen gehören doch ihm“, versucht er sich zu rechtfertigen und macht alles nur noch schlimmer.
„Sachen? Seit wann ist denn eine Frau eine Sache?“, fragt eine Dame höhnisch.
„Seit wann gehört denn eine Frau jemandem? Die Sklaverei wurde doch 1865 abgeschafft, falls Sie es noch nicht gehört haben sollten.“ Die jungen Damen entpuppen sich als Atheistinnen, ohne Respekt vor den Göttern.
Als Reaktion rammt er mir auch seine rechte Armbeuge in die Magengrube.
„Haben Sie hier Schmerzen?“, zischt er böse.
„Jetzt ja“, röchele ich und sehe schockiert, dass er sich dünne Plastikhandschuhe überstreift.
„Meine Prostata ist in Ordnung“, jammere ich.
„Woher wollen Sie das wissen?“, brummt er.
„Sie gehört mir. Genau wie meine Frau und mein Wagen – auuuuaaaaa!“
Man sollte sich mit den Göttern nicht anlegen. Erst recht nicht in Zeiten von Corona!
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