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Archiv-Artikel

Oskar, der Sündenbock

Die SPD schiebt die verlorene Saarland-Wahl ihrem Exchef in die Schuhe. SPD-Chef Müntefering: Der Mann ist unfair, unsolidarisch und inkonsequent. Lafontaine: Vorwürfe allzu durchsichtig

Von UWI

BERLIN taz ■ Teils offen, teils verdeckt schiebt die SPD die Verluste bei der Landtagswahl im Saarland ihrem Exchef in die Schuhe und legt ihm einen Parteiaustritt nahe. Der nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Harald Schartau erklärte gestern, jetzt habe man „große Klarheit darüber, wie der Spaltpilz Lafontaine wirkt“. Der Ministerpräsident von Rheinland- Pfalz, Kurt Beck, sagte, ein ehemaliger Parteichef müsse wissen, wann es genug sei.

Der SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter hielt sich bedeckter: Wenn Lafontaine gegen die SPD Politik machen wolle, „gehe ich davon aus, dass er sich auch organisatorisch politisch entscheidet“. Der Saarländer Lafontaine hatte Anfang August gedroht, sich einer neuen Linkspartei anzuschließen. Dies war für den saarländischen SPD-Spitzenkandidaten Heiko Maas eine große Belastung im Wahlkampf. Am Sonntag hat die Saar-SPD fast jeden zweiten Wähler verloren.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und SPD-Chef Franz Müntefering sagten, nicht nur Lafontaine, auch Maas selbst sei schuld. Schröder erklärte, der Saar-Wahlkampf sei „entschieden gegen die Bundesregierung und den Bundeskanzler geführt“ worden. Müntefering sagte, Maas sei der „Mittelweg“ zwischen den Forderungen Lafontaines und den Reformen der Regierung „gründlich misslungen“. Auf die Frage nach einem Parteiausschluss Lafontaines erklärte er: „Ich werde das nicht anregen.“ Lafontaine habe sich allerdings „unfair, unsolidarisch und inkonsequent“ verhalten.

In einem Beitrag für die heutige Bild-Zeitung schlägt Lafontaine zurück. Er bestreitet jede Mitschuld am Wahldebakel: „Die SPD hat die Saar-Wahl wegen der Agenda 2010 und Hartz IV verloren“, schreibt der Saarländer, „die Versuche der Parteiführung, durch Vorwürfe an mich von ihrem Versagen abzulenken, sind allzu durchsichtig.“

Grünenchef Reinhard Bütikofer erklärte, das Problem der SPD sei, dass „die drei führenden Leute im Saarland, Schreiner, Maas und Lafontaine, alle sich so weit wie möglich von der Politik der Bundesregierung distanziert haben“. Der SPD-Fraktionslinke Ottmar Schreiner antwortete hierzu, Bütikofer sei ein „Spaßvogel“. Nach der Logik der SPD- und Grünen-Chefs müsste die SPD „überall rauschende Erfolge feiern, wo sich die Landes-SPD hinter die Regierung gestellt hat. Da bin ich sehr gespannt.“

Die CDU-Chefin Angela Merkel erklärte gestern, die Linken seien am Aufstieg der Rechten schuld. „Ich glaube, dass die Auseinandersetzungen im linken Bereich, also innerhalb der SPD, und da gehört Lafontaine dazu, mit dazu geführt haben, dass die NPD erstarken konnte.“ In der Tat haben dieselben Gruppen der SPD den Rücken gekehrt, die auch das Gros der NPD-Wähler stellen: Arbeiter, Arbeitslose und Jungwähler. UWI

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