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Orgasmusvermarktung

■ Porträt des „Sex-Gurus“ von Poona im WDR

„Osho“ heißt er nun. Das kommt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie „Meister“, erklärte mir Shanta. Mohan Chandra Raineesh habe sich früher nur „Bhagwan“, in der direkten Übersetzung „Papst“, genannt, als Provokation gegen die orthodoxe hinduistische Religion. Aber da stehe er ja längst drüber, deshalb das schlichte „Osho“ aus Japan.

Als Bhagwan residierte er bis Anfang der 80er Jahre in Indien. Scharenweise pilgerten seine Anhänger nach Poona, entsagten dem bürgerlichen Wohlstand, lehnten Luxus und Karrierestreben ab und huldigten einem Guru, der selbst im exzessiven Luxus lebte. In Oregon versuchte er mit allen Mitteln sein Meditationsimperium zum Staat im Staate auszubauen, bis er 1986 aus den USA ausgewiesen wurde. Die Anklagen reichten von Brandstiftung, Giftanschlag, Einbruchdiebstahl bis zu vielfachen Mordversuchen (... und Lebensmittelvergiftung, die ihm aber alle nicht angelastet werden konnten, d. s-in). Trotz dieser Vergangenheit hält der indische Guru, nun als Osho, wieder Hof in Poona, und Tausende von ergebenen Jüngern pilgern nach Indien wie eh und je. Für die einen ist er absolut der Größte, für die anderen schlicht ein Sex-Guru, dessen ganzes Geheimnis darin besteht, „den Orgasmus zu vermarkten“.

Der Titel der 90minütigen Dokumentation Der „Sex-Guru“ von Poona hat unter den hiesigen Osho-Anhängern flammende Empörung entfacht. Die Bezeichnung „Sex-Guru“ sei aufhetzend und falsch, teilte das Rajneesh-Pressebüro in Köln mit, das die namentliche Wende des Übervaters anscheinend verschlafen hat. Das in der WRD-Programmankündigung benutzte Statement: „Der Bhagwan versteht es wie kein anderer, den Orgasmus zu vermarkten“ sei purer Hohn angesichts der Tatsache, daß die internationale Pornographiemafia jedes Jahr Millionen von Dollar mit der allgemeinen Sexbessesenheit der Menschen verdiene. Während die Pornographen die Verklemmtheit der Menschen ausbeuteten, versuche Osho hingegen, sie zu heilen. Die prompte und heftige Gegenreaktion auf die Begriffe Sex -Guru und Orgasmusvermarktung läßt vermuten, daß der alternde Meister sich wohl nicht mehr auf dem Gipfel seiner Potenz befindet. Vielleicht erfahren wir es ja in dem Porträt des „Sex-Gurus und seiner kriminellen Helferin Sheela Silverman“, so die Programmankündigung, die heute um 22.30 Uhr in West 3 ausgestrahlt wird.

Mash

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