Oranienplatz: Es darf wieder gezeltet werden
Die Flüchtlinge bauen ihr Versammlungszelt wieder auf. Zufrieden sind sie deshalb noch lange nicht.
Es wird gehämmert und geklopft auf dem Oranienplatz: Eine Gruppe von Flüchtlingen und Unterstützern baut am frühen Mittwochabend auf der Kiesfläche hinter dem Infocontainer eine schwarze Jurte auf. Ringsherum stehen 50 Leute und schauen zu. Kokou hält eine der Zeltstangen und strahlt über beide Ohren: „Das ist ein guter Tag für uns, der Protest kann weiter gehen“, sagt der Togolese.
Eigentlich, erzählt Kokou, der bis zur Räumung vor zweieinhalb Wochen zur Mediengruppe des Oranienplatzes gehörte, hätten sie das Versammlungszelt schon am Dienstagnachmittag aufbauen wollen. „So war es vereinbart mit dem Herrn da.“ Kokou zeigt auf den Ordnungsstadtrat Peter Beckers, der das Geschehen vom Rand des Platzes beobachtet. „Aber die Polizei hat das nicht erlaubt, erst als heute Bürgermeisterin Monika Herrmann vorbeikam, durften wir loslegen.“
Ein paar Meter weiter, am Bauzaun, der den frisch ausgerollten Rasen vor erneuter Besetzung beschützt, steht B. „Fünf Tagemußte unsere Schwester Napuli auf dem Baum hocken, damit wir das Zelt zurückbekommen!“ schimpft der junge Sudanese. Dabei seien Info- und Versammlungszelt Teil der Verabredung mit dem Senat gewesen. Aber die Politiker hielten sich ja sowieso an nichts.
Seit Wochen, erzählt B., versuche er, seine Akte aus Niedersachen nach Berlin überstellen zu lassen. In der Vereinbarung mit den Flüchtlingen hatte der Senat zugesagt, ihre Fälle, soweit möglich, aus anderen Bundesländern zu übernehmen. Ihm sei nun gesagt worden, in seinem Fall ginge das nicht, weil sein Asylantrag schon abgelehnt wurde. „Die machen doch ein Spiel mit uns“, glaubt er. „Der Senat will nur seinen Rasen wieder haben.“
Das Zelt steht inzwischen, wenn auch ohne Wände. Die Menge versammelt sich unter der Plane und lauscht drei Frauen, die a cappella gospelartige Lieder singen. An der Bushaltestelle parken wie immer die Mannschaftswagen der Polizei, auf der anderen Platzseite ist das Schlaflager der Hungerstreiker. Der Kampf der Flüchtlinge geht weiter. SUM
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen