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Optikerkönig Günther Fielmann gestorbenDanke, Günther

Kommentar von Gunnar Hinck

Günther Fielmann krempelte den Optikermarkt um und demokratisierte Brillen. Vor ihm trugen Optiker noch weiße Kittel.

Optiker-Revolutionär Günther Fielmann starb mit 84 Jahren Foto: Bodo Marks / dpa

G ünther Fielmann, der vor ein paar Tagen gestorbene Gründer und langjährige Chef der Optiker-Kette, war ein Revolutionär, der die Brille demokratisiert hat. Als der junge Fielmann in den 70er Jahren mit seinem ersten Geschäft anfing, gab es für die Ärmeren nur die berüchtigten „Kassenbrillen“. Das waren nur ein paar klobige Brillen zur Auswahl, die die gesetzlichen Krankenkassen bezahlten. Den sozialen Status trug man in der alten Bundesrepublik erkennbar auf der Nase – die Kassenbrille war eine Klassenbrille.

Die Optikerbranche funktionierte damals wie eine abgeschottete Zunft mit Kartellpreisen und kundenunfreundlichem Ambiente – einfach so in den Brillenregalen stöbern? Undenkbar! Es war eine Zeit, in der der Satz „Wir müssen mit dir zum Optiker“ wie eine Drohung klang. Die Optiker trugen weiße Kittel und sahen wie Ärzte aus.

Noch in den siebziger Jahren hielt sich im Arbeitermilieu (und darüber hinaus) das Vorurteil, dass zu viel Lesen den Augen schade und eine Brille die gerechte Strafe dafür sei. Wer eine Brille tragen musste, galt als irgendwie schwächlich. Das Wort „Brillenschlange“ war ein übliches Schimpfwort unter Schülerinnen und Schülern. Günther Fielmann durchlüftete die Branche und befreite die Brille vom Stigma – er handelte mit den Kassen Verträge für attraktivere günstige Gestelle aus – es war nicht mehr allzu sichtbar, wie teuer oder billig eine Brille war.

Niedrigere Margen nahm er bewusst in Kauf, die er durch konsequentes Wachstum in der Fläche kompensierte. Wenn Optikerläden heute insgesamt viel freundlicher wirken und Brillen längst nicht nur ein Hilfsmittel, sondern auch ein normales Accessoire im Gesicht sind, ist dies das Verdienst von Fielmann.

Klar, die Löhne sind bei Fielmann immer noch viel zu niedrig; in den Jobbeurteilungsportalen finden sich Berichte über hohen Arbeitsdruck, gerade in der Fertigung. Fielmann verkörperte die Ambivalenz des Kapitalismus: Der kann für Arbeitnehmer eher schlechte Folgen haben, aber für die Kunden eben auch ziemlich viel Fortschritt bedeuten.

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ist Redakteur im taz-Ressort Meinung.
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2 Kommentare

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  • Die Lobeshymnen an Fielmann muss ich etwas korrigieren.



    Modische Brillen gab es schon vor Fielmann und dass er so selbstlos war ist auch ein Märchen.



    Die Opfer seiner Strategie waren seine Arbeitnehmer und Lieferanten.



    Um das Wohl der Bürger ging es ihm nie sondern eher um sein eigenes Wohl.

  • Danke

    Der letzte Satz bringt die Misere am Arbeitsstandort Deutschland auf den Punkt "Der kann für Arbeitnehmer eher schlechte Folgen haben, aber für die Kunden eben auch ziemlich viel Fortschritt bedeuten."

    Was wohl wichtiger ist - gute Arbeitsbedingungen, faire Löhne und Steuergerechtigkeit oder Kundenbequemlichkeit und Bedingungen im Dienstleistungssektor a la Malazom (Name aus Wettbewerbsgründen verändert)?