Opposition kritisiert Pflegereform: „Klassischer FDP-Lobbyismus“
Bürger, die sich privat pflegeversichern, sollen bezuschusst werden – das will das schwarz-gelbe Kabinett am Mittwoch entscheiden. Kritik kommt von SPD und Arbeitgebern.
OSNABRÜCK/BERLIN dpa | Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hat die geplanten Zuschüsse zur privaten Pflegevorsorge gegen Kritik verteidigt. Jeder könne die künftige Förderung in Anspruch nehmen, sagte Bahr der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Gerade Menschen mit geringem Einkommen könnten schon mit kleineren Beträgen eine Menge für die Absicherung ihres persönlichen Pflegefallrisikos erreichen, betonte der FDP-Politiker. „Ein menschenwürdiges Altern ist uns gesellschaftlich viel wert“, unterstrich er. Das Bundeskabinett will die Zuschüsse heute beschließen.
Die Parteivorsitzenden der Koalition hatten sich am Montag darauf geeinigt, Bürger zu bezuschussen, die eine private Pflege-Zusatzversicherung abschließen. Der Zuschuss von fünf Euro im Monat soll unabhängig vom Einkommen gezahlt werden. Bahr unterstrich, er wolle erreichen, dass sich die Menschen mit Pflege beschäftigten, früh vorsorgten und sich vorbereiteten. „Die Menschen wollen so lange wie möglich zuhause bleiben“, sagte Bahr. „Das wollen wir ihnen ermöglichen.“
Bei der Opposition war der Pflege-Plan der Regierung auf scharfe Kritik gestoßen: SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, der Fünf-Euro-Zuschuss nutze „in Wahrheit nicht der Vorsorge, sondern vor allem der Versicherungswirtschaft“. Beiträge für eine private Zusatzpflegeversicherung könnten sich nur Bessergestellte leisten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach von „klassischem FDP-Lobbyismus zugunsten der Versicherungswirtschaft“.
Auch Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt kritisierte die geplante Pflegereform als unwirksam. „Die geplante Förderung der privaten Pflegevorsorge ist kein Beitrag, um die nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung zu sichern“, sagte er der Rheinischen Post.
Gesundheitsminister Bahr geht nach eigenen Worten nicht davon aus, dass der Beitragssatz für die Pflegeversicherung kurzfristig steigen muss. „Für die nächsten Jahre sind wir ausreichend finanziert“, sagte er der Zeitung. Eine steigende Zahl von Pflegebedürftigen bei einer gleichzeitig sinkenden Zahl von nachkommenden Jungen bedeute aber, dass künftig mehr für die Pflege getan werden müsse. Bahr bezeichnete die Pflege als Jobmotor und kündigte an, Anreize für mehr Arbeitsplätze zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption