Onlinetrends 2007: Deutschland netzwerkt
Auch die Deutschen gewöhnen sich ans Web 2.0: Zu den größten Gewinnern des Online-Jahres gehörten Social Networking-Plattformen, fanden die Marktforscher von Nielsen Online heraus.
So genannte "Social Media"-Angebote, bei denen die Vernetzung der Nutzer untereinander eines der Hauptmerkmale darstellt, waren 2007 auch in Deutschland enorm erfolgreich. "Social Websites hatten 2007 Hochkonjunktur", hieß es in einer Analyse, die das Internet-Marktforschungsunternehmen "Nielsen Online" am Donnerstag in der FAZ veröffentlichte. In keinem anderen Bereich seien in diesem Jahr größere Zuwachsraten zu verzeichnen gewesen. Verglichen wurden dabei die Zahlen von Januar 2007 mit denen von November 2007. Das größte Plus an Besuchern mit insgesamt 330 Prozent verzeichnete demnach die Schüler-Plattform "SchülerVZ". Dabei handelt es sich um einen Ableger des zur Holtzbrinck-Verlagsgruppe gehörenden "StudiVZ" für Studenten, das für eine minderjährige Zielgruppe aufbereitet wurde und von immer mehr Schülern rege genutzt wird.
Auf den nächsten Plätzen folgen weitere populäre Web 2.0-Angebote: So wuchs der Lesezeichendienst "Mister Wong", über den man Links austauschen kann und der sich an US-Plattformen wie "Digg" und "Reddit" orientiert, um immerhin 140 Prozent. Auch "StudiVZ" selbst wurde 2007 erneut größer: 120 Prozent Besucherplus waren laut Nielsen Online hier zu verzeichnen - bei 3 Millionen Nutzern, die letzten Zahlen zufolge (November 2007) regelmäßig vorbeisahen. Das Angebot gehört inzwischen auch nach Seitenabrufen zu den größten Websites in Deutschland, wie der Onlinedaten-Auswerter IVW meldet. Mit neuartiger Internet-Werbung, die allerdings zunächst auch für massive Kritik bei Datenschützern sorgte, will "StudiVZ" davon in den nächsten Monaten auch finanziell profitieren. So sollen Reklametreibende ihre Zielgruppe anhand der Profildaten genauer definieren können, dafür dann aber auch mehr zahlen.
"StudiVZ" und "SchülerVZ" profitieren bei ihrem Wachstum stark vom so genannten Netzwerk-Effekt: Als größte Plattformen ihres jeweiligen Bereiches ziehen sie automatisch mehr neue Nutzer an als die Konkurrenz. Der Grund: Die Wahrscheinlichkeit, dass der eigene Freundeskreis auf der Plattform aktiv ist, ist in diesen Angeboten ungleich höher. Gleichzeitig existiert eine Motivation, in der Plattform zu bleiben: Dadurch, dass ganze Cliquen die Netzwerke bevölkern, wird es schwierig, aus den Angeboten wieder auszusteigen, denn man würde in diesem Fall zahlreiche Online-Kontakte verlieren.
Im Vergleich zu den USA verläuft das hiesige Wachstum im "Social Media"-Segment allerdings trotzdem verhältnismäßig langsam. Laut Nielsen Online konnte dort etwa das Lifestyle-Netzwerk "Glam Media" zwischen März und November 1300 Prozent mehr Besucher verzeichnen, inzwischen sollen es 16,5 Millionen sein. Bei dem Angebot werden gut bebilderte Artikel mit Shopping-Links versehen, die den Verlegern zusätzlich Provisionen sichern. Auch bei den großen US-amerikanischen Social Networking-Plattformen wie Facebook und MySpace setzte sich der Wachstumstrend fort - MySpace liegt inzwischen auch auf Deutsch vor, während Facebook eine internationale Expansion zumindest bereits plant.
Im Bereich der Nutzwertseiten sieht Nielsen Online Angebote zur Tarifermittlung vorn - so habe etwa das Preisvergleichsportal "Verivox" für Energie- und Telefonkosten stark zugelegt. "Das Internet spielt damit seine Stärken aus. Nirgendwo kann man schneller und umfassender Informationen sammeln, Erfahrungen austauschen und Preise vergleichen", kommentierte Nielsen Online-Vizepräsident Stefan Raum. Aber auch das Thema Online-Shopping bleibe ein Wachstumsfaktor. Beim absoluten Wachstum zählten Versandhändler wie Neckermann, Otto, Quelle und Amazon zu den Gewinnern. So erreicht etwa Quelle laut Nielsen Online rund 3,5 Millionen Menschen mehr, Otto immerhin noch 1,5 Millionen - die traditionellen Versender haben das Netz erobert. "Der deutliche Anstieg der Besucherzahlen über das Jahr und vornehmlich vor Weihnachten wird sich auch 2008 fortsetzen", sagte Raum. Laut Bundesverband der digitalen Wirtschaft sollen allein zum Fest fünf Milliarden Euro online ausgegeben worden sein.
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