Omikron-Ausbruch in Nordkorea: Nur keine Schwäche zeigen
Die Isolation hat Nordkorea um Jahre zurückgeworfen. Selbst die grassierende Omikron-Welle führt bei Machthaber Kim nicht zum Umdenken – im Gegenteil.
D er flächendeckende Omikron-Ausbruch in Nordkorea kommt für Kim Jong Un zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Die Wirtschaft des Landes liegt brach, eine katastrophale Missernte droht, und eine baldige Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Und dennoch ist die kollektive Volksgesundheit längst nicht das wichtigste Problem in den Augen des Regimes: Vorrangig geht es der Kim-Dynastie um den Selbsterhalt der eigenen Macht. Dem wird alles untergeordnet.
Nur so lässt sich erklären, dass Pjöngjang mehrfach internationale Impfstofflieferungen leichtfertig ausgeschlagen hat. Die Angst, sich vom Ausland abhängig zu machen oder der eigenen Bevölkerung ein vermeintliches Signal der Schwäche auszusenden, wiegt schwerer als der Pandemieschutz.
Die Isolation hat das Land politisch um viele Jahre zurückgeworfen. Es gibt keinen nennenswerten Austausch mehr: Die chinesischen Händler, die neben Elektronik und Markenkleidung stets auch heimlich die neuesten Fernsehserien aus Südkorea ins Land schmuggelten, dürfen nicht mehr die Grenze überqueren. Und auch die NGOs haben keine Vertreter mehr im Land. Selbst westliche Botschaften sind längst abgezogen.
All das hat auch zur Folge, dass wir immer weniger wissen, wie es wirklich um das Wohl der Bevölkerung bestellt ist. Für das Regime hingegen hat die Pandemie schlussendlich einen willkommenen Nebeneffekt: Die Grenzschließungen und Quarantänemaßnahmen haben dazu geführt, dass die Überwachung im Land so engmaschig ist wie lange nicht mehr.
Wenn Kim Jong Un schon nicht seinen Machterhalt durch wirtschaftliche Wohlstandsversprechen legitimieren kann, setzt er nun rein auf Repression und Kontrolle. Zu befürchten hat er trotz seiner miserablen Bilanz wenig: Das eigene Volk wird durch den Sicherheitsapparat eingeschüchtert, und gegen ausländische Interventionen schützt das Atomprogramm als stichfeste Lebensversicherung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern