■ Vorgespult: OmU zum Hören
„The Lives of Harry Lime“, BR- Hörspielserie von Orson Welles, heute, 3. 5., 10. 5., 17. 5. je 22.05 Uhr
Es geht also doch. Was in bundesdeutschen Kinos schon vor einigen Jahren salonfähig wurde, Filme im Original zu zeigen, probiert der BR jetzt auch fürs Hörspiel aus. Es wird zum Glück nicht lange gefackelt und wie viel zu oft nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner der HörerInnenschaft geschielt. Wer das englische Original versteht, genießt den Inhalt und das Radiofaszinosum Welles. Wer gar kein Englisch kann, lernt es hiernach bestimmt ganz schnell. Und aalt sich derweil ganz einfach in den faszinierenden Stimmwellen. Das augenfällig heikle Problem klanglicher „Untertitelung“ ist hier durch die Rouladen-Technik gelöst: Ein Filetstück (das Hörspiel) wird in handverlesene Begleittexte gewickelt, in denen die Autoren Michael Farin und Hans Schmid den Inhalt mit leichter Interpretation verweben.
Herbert Kapfer, neuer Hörspielleiter des BR, entdeckte in London die hierzulande unbekannten Krimihörspiele „The Lives of Harry Lime“. Die Fans von „Der dritte Mann“ von Carol Reed erinnern sich: Lime, der unwiderstehliche Bösewicht wird vom rechtschaffenen Freund (Joseph Cotton) am Ende unter einem Wiener Kanaldeckel erschossen. Doch der Wille zum Geschäft machte es möglich und verschaffte dem Publikumsliebling ein Comeback (The simple art of radio). Damit sich auch keiner wundert, beginnt jede Serienfolge mit Anton Karras bekanntem Zithermotiv. Dann knallt ein Schuß. Welles murmelt cool: „That was the shot that killed Harry Lime.“ Jedoch, der dritte Mann hat viele Leben, läßt er sonorig nuschelnd wissen. „How do I know? Quite simple: because my name ist Harry Lime.“ Und dann geht's los in neue Gaunereien, die in turbulentem Ortswechsel quer durch Europa und bis China rasen. Diese Länder, zusammen mit bekannten Genregrößen: die Frauen „nice and stupid“, die Nazis böse, die Amis immer obenauf, sind bloß akustische Kulisse für Orson Welles' umwerfende Stimmperformance. Sie intoniert ein Fest entfesselter Krimiklischees, herzlich unbehelligt von heutiger Korrektheit.Gaby Hartel
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