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Olympische Sommerspiele 2036-2044Bewerbung in der Hand der Bayern

Am Sonntag stimmt Konkurrent München über eine Olympia-Austragung ab. Ein klares „Ja“ dort dürfte Berlins Chancen deutlich mindern.

Großer Fan einer Olympiabewerbung: Berlins Regierungschef Kai Wegner (CDU), hier beim Stadionsportfest Istaf im Olympiasdation Foto: Thilo Wiedensohler/Imago

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Stefan Alberti aus Berlin

taz | Die umstrittenen Berliner Olympia-Ambitionen liegen am Sonntag in der Hand von rund 1,1 Millionen Münchnern. Die sind stimmberechtigt beim dortigen Bürgerentscheid darüber, ob sich ihre Stadt um Olympische Sommerspiele in den Jahren 2026, 2040 oder 2044 bewirbt. Ein klares Ja wäre ein deutliches Signal für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), der im Herbst 2026 über eine deutsche Olympiabewerbung entscheiden will – und ein Signal gegen Berlin. Dort bewerteten im Sommer bei einer Umfrage 56 Prozent eine Bewerbung negativ.

„Wenn es hier nicht klappt, dann wohl auch woanders nicht“, war sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jüngst in einem Interview sich. Und damit dürfte Söder durchaus nicht falsch liegen. Zwar ging 2013 in München bereits ein Olympia-Entscheid verloren. Doch dabei ging es um die Winterspiele 2022 mit Garmisch-Partenkirchen, und das Ergebnis hatte viel mit der damaligen Kritik am inzwischen teilreformierten Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zu tun. Danach aber lösten die Europameisterschaften 2022 in gleich neun Sportarten gerade in München neue Sportbegeisterung aus. Anders als 2013 lehnen nun auch die Grünen im Stadtrat eine Olympiabewerbung nicht ab.

Über den Berliner Ambitionen schwebt zusätzlich zum Münchner Votum vom Sonntag ein besonderes Damoklesschwert. Hier ist nämlich kein zeitnaher Bürger- oder Volksentscheid möglich, der auch in Kiel und Hamburg (siehe Kasten) Abstimmungen vor der Entscheidung des DOSB erlaubt.

In Berlin sieht die Landesverfassung bloß den Weg über Volksinitiative und Volksbegehren bis hin zum Volksentscheid vor, über den etwa auch über Enteignung und das Tempelhofer Feld abgestimmt wurde. Der dauert jedoch in der Regel mindestens zwei Jahre – und das Ergebnis würde bei auch zügigem Start erst Ende 2027 feststehen.

Olympia-Bewerber

Viel Konkurrenz

Ambitionen auf Olympische Sommerspiele haben neben Berlin auch München, Hamburg und die Rhein-Ruhr-Region. Hamburg hatte sich wie Berlin schon 2015 beworben, bevor ein Volksentscheid das stoppte.

Mehrere Abstimmungen

Nicht nur in München entscheiden die Einwohner direkt, ob ihre Stadt sich bewirbt. Am 31. 5. soll das in Hamburg passieren, bereits am 19. 4. in Kiel als Ort der Segelwettbewerbe. Der 19. 4. ist auch als Termin für Städte der Rhein-Ruhr-Bewerbung im Gespräch. (sta)

Was bedeuten würde: Falls sich der DOSB 2026 für Berlin entscheidet, müsste er gut ein Jahr bangen, dass eine Mehrheit der Berliner die Sache noch kippt. Deutschland stünde dann erst mal ohne einen Austragungsort dar. Die Linksfraktion hat Anfang Oktober im Landesparlament bereits angekündigt, ein solches Volksbegehren zu unterstützen, das noch nicht offiziell angemeldet ist.

Das wiederum würde die Abgeordnetenhauswahl am 20. September zu einem Auswahlkriterium für den DOSB machen: Denn wird die Linkspartei danach erstmals führende Regierungspartei, zöge die Olympia-Ablehnung ins Rote Rathaus ein und löste dort den klaren Olympiafan Kai Wegner (CDU) ab. Das dürfte den Sportbund kaum dazu motivieren, sich für Berlin auszusprechen.

Wann das IOC über die Austragungsorte für die Spiele 2036, 2044 und 2044 entscheidet, ist zwar noch offen. Doch Berlin auszuwählen und dann – quasi wie für einen Nationalmannschaftskader bei einer Verletzung – eine andere Stadt oder Region nachnominieren zu müssen, käme international kaum gut an.

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