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■ KommentarOlympiareife Chuzpe

Den Konflikt, der über das Olympia-Video zwischen den Grünen und dem Bündnis 90 aufgebrochen ist, haben sich erstere selbst zuzuschreiben. Die Behauptung des Grünen-Vorstands jedenfalls, in dem Video einen Aufruf zur Gewalt zu erkennen, sei absurd, ist selbst absurd. Sie ist eine Ohrfeige für den Partner und eine Verarschung der Öffentlichkeit. Es gehört viel Chuzpe dazu, nach der Kritik an dem Video nun zu behaupten, dieses sei überhaupt nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für die IOC-Mitglieder bestimmt. Macht es etwas besser, wenn jemand sozusagen privat bedroht wird? Dies ist ebenso hanebüchen wie die erneute Feststellung der Parteivorständler, die Abgeordnete Judith Demba habe das Video als Privatperson gedreht. Die Vertreter einer Partei, die sonst zu Recht die Vermischung zwischen politischer Funktion und privater Vorteilsnahme kritisieren, machen sich damit im besten Fall lächerlich. Der politischen Verantwortung aber können sie mit solch haarsträubender Trickserei nicht entgehen. Schließlich ist ihre Abgeordnete Demba ausdrücklich als sportpolitische Sprecherin der Fraktion Vertreterin beim Anti-Olympia-Komitee.

Doch um Konfliktbereinigung scheint es dem höchsten Gremium der Grünen nicht einmal zu gehen. Zu lesen ist die Erklärung der Parteivorständler vielmehr wie eine nachdrückliche Rückendeckung der Absichten, die in dem Video ihren Ausdruck finden. Wer angesichts der im Video gezeigten offenen Gewalt immer noch von Satire und von Mißverständnissen redet, der will nicht verstehen, sondern kokettiert verschämt mit den autonomen Hasardeuren. Zu Recht mahnt deshalb das Bündis 90 an, hier gehe es um das Demokratieverständnis der beiden Gruppierungen. Die rotzfreche Replik des Grünen-Vorstands muß vom Bündnis deshalb wie eine Verhöhnung begriffen werden. Den Einsatz des Staatsanwalts rechtfertigt das Video nicht, doch die Grünen leisten sich einen Bärendienst mit ihrer wirren Vorwärts-Verteidigung. Soll die Ehe mit dem Bündnis überhaupt eine gemeinsame Basis haben, dann erscheint es inzwischen unabwendbar, Judith Demba als sportpolitische Sprecherin zurückzuziehen. Gerd Nowakowski

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