piwik no script img

Olympiabewerbung MünchenPlötzlich Favorit

Lange konnten sich Olympiagegner in der Ruhe wiegen, dass Pyeongchang bessere Chancen hat. In einem neuen Ranking ist München erstmals vorn.

Drei, die für olympische Spiele in München kämpfen. Die Gegner dürften sich jetzt zumindest etwas ärgern. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Morgen kommt der Winter nach München zurück. Die Olympiaplaner versprechen jedenfalls eine Winterlandschaft für ihre Werbeveranstaltung "Stars, die Winterspiele und Du!" in der Arena des FC Bayern in Fröttmaning.

Bei der Show, die Medienpartner Sat.1 live überträgt, sollen unter anderem Milow und Ottfried Fischer für olympiareife Stimmung sorgen - außerdem geben sich 800 Athleten die Ehre. Der Zweck ist klar: Knapp vier Wochen vor der Entscheidung über den Olympiaort 2018 in Durban sollen jubelnde Massen noch einmal für Pluspunkte beim IOC sorgen.

Ebensolche Pluspunkte hat München in den vergangenen Wochen anscheinend gesammelt. Lange galt Pyeongchang als Favorit. In einem Ranking des IOC-nahen US-Branchendienstes "Around the Rings" ist München nun erstmals an dem koreanischen Ort vorbeigezogen. Das Bewerberteam um Kati Witt wurde vor allem für die internationalen Präsentationen gelobt. Auch den Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen erwähnte der Branchendienst positiv.

Da haben die Münchner Olympiaplaner gute PR-Arbeit geleistet: Trotz der geringen Zustimmungsrate von 58 Prozent sprachen sie immer wieder davon, nun eine "Bewerbung mit Bürgervotum" präsentieren zu können. Auch die Korruptionsskandale bei der Fifa könnten den Münchnern zum Vorteil gereichen. Konkurrent Pyeonchang wurde bereits vom IOC verwarnt und zum Fair Play aufgefordert; dabei ging es um Sponsorendeals. München ist da im Vergleich die sauberere Bewerbung.

"Die Olympiaplaner betreiben Greenwashing"

Die Pluspunkte, die München sammelt, interessieren Umwelt- und Naturverbände indes wenig - sie üben weiter massive Kritik an der Bewerbung: "Die Olympiaplaner betreiben Greenwashing", erzürnt sich Christian Hierneis, Vorsitzender des Bundes Naturschutz (BN) in München, gegenüber der taz. Hierneis hat sich die vergangenen Monate intensiv mit den Bewerbungsunterlagen auseinandergesetzt.

Gemeinsam mit Kollegen von der Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF) kommt er zu einem drastischen Fazit: "Das Bid Book ist eine Aneinanderreihung von Mängeln, Lücken, Fehlern, Übertreibungen, Wiederholungen und Falschdarstellungen. Dazu kommt noch viel sinnfreies Füllmaterial", sagt Hierneis. "Wir haben wirklich Hochwertigeres erwartet; inhaltlich hat das Bid Book aber nicht viel zu bieten."

Auf 58 Seiten rechnen BN und GöF mit der Bewerbung ab. Sie bemängeln, dass auf den Klimawandel nur marginal eingegangen wird. Bei der Bewerbung gebe es weder ein Olympisches Erbe noch eine breite Unterstützung - weder von Seiten der Bevölkerung noch von den Umweltverbänden: Der Deutsche Naturschutzring tauche immer noch fälschlicherweise als Partner in den Bewerbungsunterlagen auf. Auch bei den Sportstätten würden die Olympiaplaner schwindeln: Lediglich sechs Sportstätten gebe es bereits, elf müssten dagegen neu errichtet werden. Für Olympia müssten außerdem 2.000 Bäume in München gefällt werden.

Enttäuscht vom Umweltkonzept

Besonders enttäuscht sind der BN und die GöF, was das Umweltkonzept angeht. Bahnstrecken würden so gut wie gar nicht ausgebaut. Das Olympische Dorf werde nicht - wie von den Planern zunächst behauptet - im Plusenergiestandard gebaut. Ein von der Bewerbungsgesellschaft erwähntes Jugendbildungsprojekt der Unesco sei zwar sinnvoll gewesen, habe aber mit der Olympiabewerbung anders als behauptet nichts, aber auch gar nichts zu tun. Geradezu als Farce bezeichnen die Kritiker, dass die Olympiaplaner garantieren, die Böden in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.

"Der Olympiatraum wird böse enden", befürchtet Hierneis. Die öffentliche Hand werde mit mehr als 5 Milliarden Euro belastet, profitieren würde, wenn überhaupt, nur das IOC. Solche Töne werden bei der Olympiawerbeshow im Stadion nicht erklingen - für die richtigen Worte sorgt der sportbegeisterte Journalist Johannes B. Kerner.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • P
    Piefke

    @Wolfjang:

    Die 87% der Koreaner und die 62% der Franzosen, sind die durch einen Volksentscheid ermittelt worden oder durch stichprobenhafte Umfragen? Man muss klar sagen dass sich die Olympiagegner mit dieser Volksbefragung selbst ein Ei gelegt haben. Die Legitimation kann man im Falle von GAP nicht mehr bestreiten.

    "Wichtige Grundstücke für die Halfpipe" - Die kann man so gut wie überall hinsetzen. Das Ganze wird mit Sicherheit nicht an so einer leppischen Halfpipe scheitern.

    "Große Wintersportnation" - In % ausgedrückt mögen die Schweiz und Österreich vielleicht mehr SKifahrer haben. Aber die Argumentation ist unlogisch, dann dürften die Winterspiele nur noch in den beiden Staaten stattfinden. In absoluten Zahlen ausgedrückt hat Deutschland sogar die meisten Skifahrer von allen Staaten. Dazu kommt, dass Wintersport eben nicht nur aus Ski Alpin sondern auch aus Langlauf, Schlittschuh und anderen Sportarten besteht. Da ist Deutschland sehr wohl eine der größten Wintersportnationen. Hast du dir mal angeschaut wie viel beim Biathlon, Langlauf oder Skispringen hier los ist? Im Gegensatz dazu waren Testveranstaltungen von Weltcouprang beim anderen Favoriten Südkorea meist sehr traurig. Zuschauer nahe bei Null! Da bringt auch eine 87%ige Zustimmungsquote nichts wenn es den meisten nur gleichgültig ist.

  • FN
    F. Nocke

    Soso, die Koreaner sind also verwarnt worden, das Fairplay einzuhalten.

    Wer glaubt denn tatsächlich, das die Vergabe einer solchen riesigen und wirschaftlich enorm wichtigen Sportveranstaltung ohne Korruption passiert?

     

    Die FIFA hat es in der vergangenen Woche vorgemacht, warum sollte es gerade bei den Olympischen Spielen anders sein?

  • WG
    Wolfgang Graf

    Wie "Around-the-Rings" München auf Platz eins setzen konnte, ist mir absolut schleierhaft:

    - Es fehlen noch 4 Millionen im Bewerbungsetat.

    - Die Unterstützung innerhalb der Bevölkerung mit 56% ist im Vergleich zu Süd-Korea (87%)und Frankreich (62%) eher mager. In Canada waren es 2010 sogar 91%.

    - Wichtige Grundstücke für die Halfpipe und Tribünen sind immer noch nicht vorhanden.

     

    Wenn ich dann noch seh, wie Ude mit seiner Behauptung von der großen Wintersportnation Deutschland durch die Lande schwadroniert, komm ich mir vor wie in einem schlechten Werbeclip. Deutschland hat gerade mal 9% Skifahrer! Zum Vergleich: 27% hat die Schweiz, 55% Österreich.