Olympia Tag 6 – Die Nacht: Gold dank doppelter Verbannung
Michael Phelps baut seinen Vorsprung aus. Spanien baut als Herausforderer des Dream Teams ab. Und Deutschland baut an seinem Ruf als Schummelgewinner.
Der Wettkampf der Nacht: Das Basketballspiel Großbritannien gegen US-Herausforderer und Europameister Spanien. Das britische Team verpasst nur denkbar knapp einen Sieg über den haushohen Favoriten Spanien. Spektakulär erzielen die Inselbasketballer im letzten Viertel mehr Zähler als in ihren gesamten ersten 30 Minuten. Beim Abpfiff fehlt den Briten lediglich ein einziger Punkt, Spanien gewinnt mit 79:78. Und ist weiter ungeschlagen.
Der Athlet der Nacht: Sorry, aber da gibt es nur Einen: Michael Phelps! Er baut seine Führung als bester Olympionike aller Zeiten aus und gewinnt seine 20. Olympia-Medaille, seine 16. olympische Goldmedaille über die 200 Meter Lagen, kommt 63 Hundertstelsekunden vor seinem Kumpel Lochte an und: er lächelt! Wenn auch nicht so bezaubernd wie sein Kumpel.
Seine erste Goldmedaille im Einzel bei diesen Olympischen Spielen feiert Phelps so, als wäre es seine allererste überhaupt. Und lässt sich dabei so viel Zeit, dass er bei seinem nächsten Rennen – Halbfinale 100 Meter Butterfly – fast 10 Minuten zu spät kommt und dann trotzdem ganz cool als Erster anschlägt.
Der Fehlstart der Nacht: Die chinesischen Bahnradfahrerinnen. Da rasen Gong Jinjie und Guo Shuang in Weltrekordzeit wie irre im Kreis, dann überholen sie irgendwie falsch (mit bloßem Auge nicht zu sehen, aber angeblich in der Zeitlupe: Die Chinesinnen überfahren die schwarze Linie im steilen Radoval auf regelwidrige Weise! Konkreter können es auch die Trilliarden an Sportexperten nicht sagen, die sich an diesem Abend über die Entscheidung unterhalten) und bescheren den Deutschen die nächste Schummelmedaille. Nur durch doppelte Quasi-Disqualifikation – zuvor waren die Britinnen „relegiert“, also verbannt worden, kommen die Deutschen überhaupt zu der Goldehre.
Die Schlussfolgerung: Gut, dass die stundenlangen Radtouren durch London vorbei sind. Dieses in der Halle mit Vollspeed ohne Bremse im Kreis fahren, mit Regeln, die keiner versteht und mit einer Drogenoptik, die einem die Augen verdreht, ist die spannendste Sportart mit Helm.
Wer noch?
Bahnrad, Teamsprint (Frauen): Gold: Deutschland (Miriam Welte und Kristina Vogel) | Silber: China (Gong Jinjie und Guo Shuang) | Bronze: Australien (Anna Meares und Kaarle McCulloch)
In der Qualifikation hatten die später verbannten Britinnen Victoria Pendleton und Jessica Varnish mit 32,526 Sekunden einen neuen Weltrekord aufgestellt, den die später ebenfalls verbannten Chinesinnen Gong Jinjie und Guo Shuang erst auf 32,447 Sekunden und dann auf 32,422 Sekunden verbesserten.
Bahnrad, Teamsprint (Männer): Gold: Großbritannien (Philip Hindes, Jason Kenny und Chris Hoy) in 42,600 Sek. (Weltrekord) | Silber: Australien (Grégory Baugé, Kévin Sireau und Michaël D'Almeida) | Bronze: Neuseeland (René Enders, Robert Förstemann, Maximilian Levy). Die Briten verbesserten noch einmal ihren Weltrekord von 42,747 Sekunden aus der Qualifikation.
Fechten, Florett (Frauen, Mannschaft): Gold: Italien (Valentina Vezzali, Arianna Errigo, Elisa Di Francisca und Ilaria Salvatori) | Silber: Russland (Inna Deriglasowa, Larissa Korobejnikowa, Aida Schanajewa und Kamilla Gafursjanowa) | Bronze: Südkorea (Jeon Hee-Sook, Jung Gil-Ok, Nam Hyun-Hee und Oh Ha-Na). Drei der vier italienischen Florettfechterinnen hatten schon im Einzelwettkampf alle drei Medaillen gewonnen.
Tischtennis (Männer): Gold: Zhang Jike (China) | Silber: Wang Hao (China) | Bronze: Dimitrij Ovtcharov (Deutschland)
Schwimmen 200 Meter Brust (Frauen): Gold: Rebecca Soni (USA) in 2:19,59 Min. (Weltrekord) | Silber: Satomi Suzuki (Japan) | Bronze: Julija Jefimowa (Russland). Soni hatte bereits im Halbfinale mit 2:20,00 Min. einen Weltrekord aufgestellt, den sie im Finale noch einmal überbot.
Schwimmen, 200 Meter Rücken (Männer): Gold: Tyler Clary (USA) | Silber: Ryosuke Irie (Japan) | Bronze: Ryan Lochte (USA)
Schwimmen, 200 Meter Lagen (Männer): Gold: Michael Phelps (USA) | Silber: Ryan Lochte (USA) | Bronze: Laszlo Cseh (Ungarn)
Schwimmen, 100 Meter Freistil (Frauen): Gold: Ranomi Kromowidjojo (Niederlande) | Silber: Alexandra Gerassimenja (Weißrussland) | Bronze: Tang Yi (China)
Was noch?
Bahnrad, Mannschaftsverfolgung (Männer): Das britische Team mit Edward Clancy, Geraint Thomas, Steven Burke und Peter Kennaugh stellt in der Qualifikation mit 3:52,499 Minuten einen neuen Weltrekord auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin