piwik no script img

Olympia-Qualifikation verpasstEishockey-Debakel mit Ansage

Das deutsche Eishockey-Nationalteam ist in der Qualifikation für die Olympischen Winterspiele 2014 gescheitert - zum ersten Mal seit 1948.

Auf eisigem Grund gelandet: die deutschen Eishockey-Nationalspieler. Bild: dpa

Als es am Sonntag vorbei war, mussten sich viele deutsche Eishockey-Nationalspieler auf ihre Schläger stützen, Tränen standen ihnen in den Augen. Sie hatten versagt. Die DEB-Auswahl hatte sich in Bietigheim-Bissingen nicht für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi qualifiziert. Die historischen Daten illustrieren die Dimension des Debakels.

Immer, wenn deutsche Eishockey-Nationalmannschaften zuvor die Möglichkeit gehabt hatten, sich sportlich für Olympische Winterspiele zu qualifizieren, schafften sie es. Als die Deutschen 1948, drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, nicht mitmachen durften, hatte das politische Gründe. Genauso 1920 und 1924 – in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg.

Dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) werden nun Fördergelder verloren gehen, und vermutlich werden Sponsoren abspringen. All das kann eine Randsportart, die nach Anerkennung und Fernsehzeiten lechzt, nicht gebrauchen. Nach dem Spiel gegen Österreich waren die DEB-Profis entsprechend erschüttert. Ihr Coach Pat Cortina machte dagegen klar, warum er für den Job des Bundestrainers nicht geeignet ist.

Der Italokanadier schien nicht zu begreifen, was geschehen war. Man könne eine sportliche Leistung nicht nur am Ergebnis messen, bemerkte er nach einem Turnier, in dem es nur auf eines angekommen war: gute Resultate. In seiner Hilflosigkeit konnte der 48-Jährige fast Mitleid erregen. Welche Erfahrung hat er auch als Coach? Mit dem EHC München hält er sich im unteren Mittelfeld der DEL; vorher hat er die Nationalteams aus Ungarn und Italien betreut. Mit der anspruchsvolleren DEB-Auswahl ist er überfordert.

Fehlbesetzung

Verantwortlich für die Fehlbesetzung ist Verbandspräsident Uwe Harnos, der seit 2008 die Geschicke des DEB leitet und nur Unheil anrichtet. 2011 entmachtete der Scheidungsanwalt den sachkundigen Franz Reindl als Sportdirektor. Dadurch vergraulte Harnos Uwe Krupp, der die Nationalmannschaft von 2005 bis 2011 erfolgreich gecoacht hatte. Der aktuelle Trainer der Kölner wäre bereit gewesen, die Nationalmannschaft in Doppelfunktion weiter zu betreuen, jedoch nur zusammen mit Reindl. Das lehnte Harnos ab.

Da er keinen anderen fand, machte Harnos danach den unbedarften Schweizer Jugendcoach Jakob Kölliker zum Bundestrainer. Bei der WM 2012 belegte Kölliker mit der DEB-Auswahl aber nur Rang zwölf – und verpasste die direkte Olympia-Qualifikation. Der Eidgenosse wurde flugs entlassen und durch Cortina ersetzt, der gleichzeitig auch das Amt des Sportdirektors übernehmen wollte. Das fand Harnos praktisch, denn er konnte Geld sparen.

Und so ist Harnos nun kostengünstig an die Wand gefahren. In jedem anderen Job wäre er schon mehrmals gefeuert worden. Nicht so im Eishockey. Es gibt offenbar niemanden, der bereit ist, Harnos zu stoppen – nicht im Verband, nicht in der Liga. Viele schütteln zwar den Kopf, aber niemand unternimmt etwas. Es ist eine traurige Geschichte. Eine Sportart, die sich selbst nicht ernst nimmt, kann auch nicht ernst genommen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • M
    muc

    Wer von mir als Leser/User, Geld für journalistische Beiträge haben möchte, sollte es vermeiden, solch hanebüchene schwarz-weiß-Betrachtungen zu veröffentlichen, denen es leider an fachlicher Substanz und inhaltlicher Sorgfalt völlig mangelt.

     

    das ist mit Abstand der undifferenzierteste, fachlich und damit auch journalistisch enttäuschendste Artikel, den ich bisher zum Thema gelesen habe!

  • T
    Tim

    @Steffen

    Genau das hatte ich auch gedacht. Kritische Artikel sind eine Sache, aber hier wurde ein persönlicher Kommentar verfasst der nichts zwischen redaktionellen Inhalten zu suchen hat.

  • W
    Wayne

    sehr guter Artikel. Trifft leider den Nagel (oder besser Sargnagel in Bezug auf das deutsche Eishockey) auf den Kopf

  • S
    Steffen

    Ich wußte gar nicht, dass die taz nun auch in Boulevard macht. Schrecklicher Artikel, das.

  • W
    Wurzlsepp

    Jetzt ist also der Weltranglistenzehnte gegen den Weltranglisten15ten ausgeschieden.

    Das bedeutet natürlich: Alle Funktionäre müssen den Platz räumen, denn das ist eine historische Niederlage und sowas darf nicht passieren.

    Eigentlich sollte jedem klar sein, das so etwas passieren kann, allzu groß sind die Unterschiede ja nicht. Aber alles ist eben anders, wenn der Weltranglistenfünfzehnte blöderweise Österreich ist.

     

    Dann muss man den Gegner vor dem Spiel natürlich kleinreden: "Wir gewinnen, weil die Österreich und wir Deutschland sind" bzw. "Denen machen wir 6 Tore und damit biegen wir alles gerade". Das ist eben kein gesundes Selbstbewußtsein, sondern einfach Arroganz, die fehl am Platz ist. Auch nach dem Spiel sah man in den Spielerinterviews leicht weinerliche Typen, die es nicht mal geschafft haben, dem Gegner zu gratulieren, sondern nur trotzig erklärt haben, das man ja doch eigentlich die viel bessere Mannschaft war. (Was meines Erachtens nicht so ganz stimmt, die deutsche Mannschaft konnte nur ungemein langsam und behäbig spielen, dementsprechend schwierig das Toreschiessen)

  • F
    friedbert

    Das Phänomen ist ein gesamtdeutsches Phänomen.

    Deutsche Männer verlieren und schweigen sich

    zur Bedeutungslosigkeit.

    qed

     

    Im Bildungs-und Demografiesektor ist das Phänomen

    ja hinlänglich bekannt.

     

    Und weil alle zu feige sind den Mund aufzumachen,

    wird die Krise bis zum tiefest möglichen

    Tiefpunkt durchlebt.

     

    Tja, dann wird es halt nichts mit

    Millionengagen in ausländischen Leaguen, dann

    muss es halt der alte Malocherjob bleiben!

     

    Andererseits: Wenn die Konkurrenzmannschaften

    alle gedopt sind und unsere aber sauber blieben,

    dann könnte man mit diesem Resultat immer noch leben!

    Nur ist das leider nicht glaubhaft.