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Olsens Vision

■ Das Kölner 1:1 bei Fortuna Düsseldorf machte Trainer Olsen nicht froh

Düsseldorf (taz) – Ein Schüppchen hat Olaf Janßen nachgekippt. Ein Schüppchen Sand in der riesigen, imaginären Eieruhr, die wieder einmal und so geschwind wie bisher noch nie gegen seinen Trainer Morten Olsen rieselt. Als Janßen in Minute 61 die Bank mit dem Spielfeld tauschen durfte, stand es 1:0 für Fortuna Düsseldorf, und nach den marktschreierischen Verlautbarungen der Kölner Presse wäre ein solches Resultat das Ende für Morten Olsen als Trainer des 1. FC Köln gewesen. Wäre. Denn Janßen, das ewige Talent und Mitläuferchen par excellence, nahm sich den Ball, ließ zwei Düsseldorfer stehen und schob zum 1:1-Ausgleich und -Endstand ein. Mit dieser Tat rettete er seinem Trainer den Arbeitsplatz.

Etwa fünfzig Minuten später, Pressekonferenz. Morten Olsen: „Ich habe nicht viel Lust, was zum Spiel zu sagen.“ Kein Wunder, denn die vorangegangenen neunzig Minuten waren es kaum wert, Worte über sie zu verlieren. Mäßiger, eher anstrengender, angestrengter Fußball, ein paar Chancen für beide Mannschaften, 45.000 Zuschauer, ein angenehmer Wind, der durchs Rheinstadion zog – viel mehr war nicht. Und es ging an diesem Sonntagabend auch gar nicht um Fußball, um ein Spiel, um den Ball oder um Taktik und dergleichen. Das eigentliche Thema des Spiels Fortuna Düsseldorf gegen den 1. FC Köln war: Wird Olsen nun entlassen oder nicht?

Er wurde nicht. Aber der Däne wird weiterhin damit leben müssen, daß das nächste Spiel nicht nur das schwerste, sondern immer auch das entscheidende für ihn sein wird. Schon beim nächsten Heimspiel, gegen den Hamburger SV, steht er wieder zur Disposition und die Kandidaten vor der Tür. Christoph Daum, Herbert Neumann und sogar Uli Stielike werden an der Zeitungs-Börse gehandelt, aber Olsen bleibt bei all dem Wahnsinn, der um ihn herum tobt, erstaunlich ruhig.

Während sich die Vereinsoberen im neuen VIP-Raum des Düsseldorfer Rheinstadions an einem Tisch mit Altbier zuprosten, analysiert der Trainer, leicht verschwitzt, in der gegenüberliegenden Ecke die Situation recht nüchtern. „In Köln ist es sehr schwierig, etwas neu aufzubauen. Denn es gibt eine gewisse Frustration, weil der FC nicht da steht, wo Dortmund jetzt ist.“ Immer noch hält er an seiner Vision vom schönen Fußball fest. Und auch wenn es in der Realität, also auf dem Platz, alles andere als eben das zu sehen gibt, Olsen rückt von seinen Idealen nicht ab.

Er habe gesehen, daß die Mannschaft an Teamgeist gewonnen habe. Die ganze Woche über sei das schon im Training zu spüren gewesen. So langsam habe er das Gefühl, die Jungs zögen an einem Strang, wüßten wieder, um was es geht. Und dann redet Morten Olsen davon, daß er an diesem Verein hängt, mit ganzem Herzen. Daß die neuen Spieler halt ihre Zeit bräuchten – schließlich spiele ein Rodolfo Cardoso bei Werder Bremen auch noch nicht auf demselben Level wie in der letzten Saison in Freiburg. Und je länger er redet, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, daß Olsen sich auf eine merkwürdige Art freigemacht hat von dem Druck, der in den letzten Wochen auf seine Person ausgeübt wurde. „Ich will, daß wir gut spielen. Und wenn wir dann trotzdem verlieren ... Das ist dann halt das Frustrierende am Trainerjob. Da kann ich auch nichts dran ändern. So ist Fußball.“

Der 1. FC Köln und Morten Olsen, das ist zur Zeit wie die Krise in einer langjährigen Beziehung. Man weiß nicht, wie es weitergehen soll, ob das Ganze überhaupt noch einen Sinn macht und man sich nicht vielleicht besser trennen sollte. Aber irgendwie versucht man es halt weiter miteinander. Von Spieltag zu Spieltag. Thomas Lötz

1. FC Köln: Illgner - Hauptmann - Baumann, Dollberg - Braun, Steinmann, Oliseh (59. Janßen), Munteanu, Andersen (73. Zdebel) - Labbadia (80. Polster), Kohn

Zuschauer: 45.000; Tore: 1:0 Mill (30.), 1:1 Janßen (61.)

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