Oliver Stone-Film "W" im TV: Igitt! Wie der isst!
Oliver Stones Film "W." (22.25 Uhr, ProSieben) nimmt George W. Bush aufs Korn - leider mit der Schrotflinte. Und macht so selbst aus Bushhassern mitleidige Sympathisanten.
Er ist weg, er ist weg, er ist weit weg! Schöner noch als die Bilder der glücklichen Familie Obama auf den Stufen des Capitols war nur dieses: George W. Bush ein letztes Mal im Air Force One Helicopter entschweben zu sehen, nach Hause, nach Texas, auf Nimmerwiedersehen.
Aber: Zu früh gefreut. Denn heute Abend zeigt ProSieben den Film "W.", und da können wir in epischer Breite noch mal sehen, was für ein Volltrottel der 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist: Er kann keinen geraden Satz sagen. Er hat keinerlei Tischmanieren. Er ernährt sich ungesund. Er hat es nie geschafft, aus dem Schatten seines Vaters zu treten. Er ist ein kompletter Versager, geschäftlich, politisch, intellektuell. Das Beste, was sich über George W. Bush sagen lässt: Er hat eine Frau, die wesentlich gebildeter ist als er und in jungen Jahren sehr hübsch gewesen sein muss.
Das ist dann auch schon die gesamte Botschaft von Regisseur Oliver Stone, und wenn es stimmt, dass er mit seinem Biopic an Stephen Frears Meisterwerk "The Queen" anknüpfen wollte, dann ist ihm das nur in einem einzigen Aspekt gelungen: Auch bei ihm spielt James Cromwell mit - Prinzgemahl Philip mutiert zum George Bush senior. Der macht seine Sache gut, trotzdem ziehen sich die 129 Minuten des Films so quälend hin wie die achtjährige Präsidentschaft seines Gegenstands.
Oliver Stone schafft das Kunststück, selbst eingefleischte Bush-Verächter in Sympathisanten zu verwandeln. Bush mit den Händen essend, in Großaufnahme, gefühlte dreißigmal. Bush ahnungslos, Spielball seiner bösen Berater, Bush als irrer Superchrist, Bush als kritikunfähiger Durchgeknallter und so weiter und noch mal.
So scheitert Stone auf der ganzen Linie. Seinen Anspruch, George W. Bush als Menschen begreifbar zu machen, löst er damit ein, ihn als platte Karikatur über die Leinwand stolpern zu lassen. Die komplexen Widersprüche des eigentlich weichen, aber kriegstreiberischen Expräsidenten reduziert er auf einen allzu simplen Vater-Sohn-Konflikt.
Es war eine schlimme Präsidentschaft. Aber diesen Film hat selbst George Walker Bush nicht verdient.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind