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Oliver Brüstle im PortraitWunderkind und Geschäftsmann

Oliver Brüstle ist ein Pionier der embryonalen Stammzellforschung, die werdendes menschliches Leben verbraucht. Wegen seiner Aktivitäten wurde auch der Bundestag aktiv.

Oliver Brüstle beim BGH in Karlsruhe. Bild: dpa

BERLIN taz | Oliver Brüstle ist ein Überzeugungstäter. Irgendwann wurden die Drohungen gegen den 47-jährigen Forscher so heftig, dass die Polizei sein Wohnhaus in Bonn unter Schutz stellte, damit weder ihm noch seiner Frau und seinen vier Kindern etwas zustoße. Brüstle kommentierte das nur stur mit dem Satz: "Man kann sich dann auch nicht mehr aus der Verantwortung herausziehen, wenn man diesen Weg einmal beschritten hat." Sein Weg, das ist die wohl umstrittenste Forschung, die in Deutschland stattfindet: die embryonale Stammzellforschung.

Dieses Forschungsgebiet verspricht seit ungefähr zehn Jahren, dass es eines Tages wohl gelingen wird, Querschnittslähmungen, Parkinson oder multiple Sklerose zu heilen oder zumindest zu lindern. Das Problem: Diese Forschung verbraucht – manche sagen: tötet – Embryonen, also werdende Menschen im Stadium eines Zellklumpens. Brüstle ist in Deutschland ein Pionier auf diesem Feld. Und er streitet dafür pointiert und öffentlich. Das hat ihm früh viele Feinde eingebracht.

Brüstle wurde in Ulm geboren, er ging dort zur Schule, er studierte dort Medizin. Nach ein paar Jahren in einer Praxis und an den Unikliniken von Zürich und Erlangen forschte er ab 1993 im amerikanischen Bethesda mit Stammzellen des Nervensystems. Zurück in Deutschland, galt er als eine Art Wunderkind der Forschung. Er untersuchte nun in Bonn die embryonalen Stammzellen (ESZ) von Mäusen und wie sie menschlichen ESZ gleichen. Er implantierte menschliche ESZ in Mäusehirne.

Sein größter Coup: Als erster deutscher Wissenschaftler beantragte er 2000 bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Geld für die Forschung an diesen Urzellen des Menschen. Der Druck der DFG, mancher Medien und anderer ESZ-Forscher führte nach heftigen Debatten 2002 und 2008 dazu, dass der Bundestag den Import und Verbrauch dieser Zellen gesetzlich regelte.

Brüstle hat für seine Forschung schon früh viel Geld erhalten, von der Volkswagen-Stiftung etwa, aber auch durch die öffentliche Hand, von der DFG, vom Land und von der EU. Er leitet das Institut für Rekonstruktive Neurobiologie der Bonner Universität und ist zugleich Geschäftsführer der dortigen Life & Brain GmbH.

Bei diesen eng verflochtenen Institutionen bewies Brüstle seine Geschäftstüchtigkeit: Life & Brain, das ihm 2006 zu 14 Prozent gehörte, erhielt Presseberichten zufolge 30 Millionen Euro vom Land NRW, 15 Millionen vom Bonn-Berlin-Ausgleichsfonds und jährlich noch einmal 4 Millionen Euro von der Uni Bonn – je nach Bedarf. Und wenn man das 10.000-Quadratmeter-Labor mit über 100 Mitarbeitern sieht, ist klar, warum Brüstle für ein Patent bis nach Karlsruhe geht: Es geht um viel Geld.

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4 Kommentare

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  • AW
    Amanda Wattson

    @ Sherlock Homes:

     

    Zu schade, dass sie gerade den einzigen Schwachpunkt meiner Argumentation herauspicken mussten. ☺ Diese meinerseits etwas unprofessionelle Widergabe des Zitates ist mir –nach späterem Lesen- leider auch aufgefallen.

    Es erfreut mich festzustellen, dass es augenscheinlich noch mehr aufmerksame Leser (und hypotaktische Syntax liebende Menschen) gibt.

     

    Welche Aussage meines Kommentars rechtfertigt jedoch ihre Einordnung meiner Position in die Kategorie der „einseitigen Befürworter“?

  • SH
    Sherlock Holmes

    @ Amanda Wattson:

     

    Solange einseitige Befürworter wie sie den Schlußsatz des Autors „Es geht um viel Geld" in die polemisch zurechtgestutzte Interpretation „Es gehe Brüstle bei dem Prozess wohl nur(!) um's Geld" verdrehen, bleibt ihre Forderung nach mehr Differenzierung und Ausgewogenheit unglaubwürdig und erweist sich als reine rhetorische Spiegelfechterei.

  • AW
    Amanda Wattson

    Die Stammzellforschung ist zweifellos ein sehr kompliziertes und aktuell sehr umstrittenes Thema, das auf viele Gegner und Zweifler stößt und dabei starke Diskussionen um das "Recht auf Leben" und die Definition vom Zeitpunkt des Beginns von Leben auslöst. Daher ist der aktuelle Prozess um das Patent von Brüstle sehr interessant und wichtig zu verfolgen.

     

    Ich kann bezüglich dieses Artikels Netrus jedoch leider nur zustimmen, denn Ihr Text ist sehr oberflächlich und rein im Schwarz-Weiß-Schema verfasst, mit mangelhaften und teilweise schlichtweg nicht zutreffenden Informationen.

     

    Nicht einmal wird weiter in die Tiefe gegangen (zum Beispiel wird der eigentliche Prozess der Stammzellgewinnung nicht einmal erwähnt, dessen Kenntnis zum Verständnis der ethischen Diskussion jedoch unerlässlich ist), was sehr schade ist, denn das Thema weist durchaus einige Diskussionspunkte auf, ist aber gleichermaßen so vielschichtig, dass ein umfassende Darstellung beider Seiten der ethischen Diskussion nötig ist, um einen angemessenen Standpunkt einnehmen und ein adäquates Urteil darüber abgeben zu können.

     

    Aufgrund der offensichtlichen Einseitigkeit wird dieser Artikel der Komplexität seines Themas nicht gerecht. Er ist bedauerlicherweise ein rein aus populär-journalistischen Schlagwörtern zusammengesetztes Floskelkonstrukt (siehe: "Wunderkind" / "Überzeugungstäter").

     

    Unnötig wertende, eindeutig negativ konnotierte Nebenwörter (z.B."stur") und frei hinzugefügte ironisierende Elemente (Zitat: "je nach Bedarf") geben dem Artikel einen trivialistischen Klang.

     

    Der Hinweis auf die Größe seines Forschungsgebäudes und der Mitarbeiteranzahl mit der darauffolgenden Aussage, es gehe Brüstle bei dem Prozess wohl nur ums Geld, scheint mir - im Angesicht einer der derzeit wichtigsten ethischen Diskussion- in keiner Weise angebracht und mit dem eigentlichen Thema nicht in Verbindung zu stehen.

     

    Mir gefallen die Idee und die Grundsätze ihrer Zeitung, sowie die freie Kritikmöglichkeit für Leser.

    In ihrer Selbstvorstellung schreiben sie über "die Zeitung taz": "Sie ist meist kritisch, besonders mit sich selbst."

    Es würde mich daher sehr freuen, wenn sie dieserlei Themen differenzierter behandeln würden, auch damit nicht der Eindruck einer lückenhaften Recherchearbeit entsteht.

  • N
    netrus

    Ein flacher, einseitiger Text. Die Forscher versprechen viel, und leisten nichts, "verbrauchen Menschen" und handeln nur aus Habgier. Bla bla.

     

    Sie hätten auch einfach schreiben können: "Ich finde Stammzellenforschung doof".

     

    Dieses Thema ist ein sehr komplexes, es geht um großes medizinisches Potential, den Forschungsstandort Deutschland und krude Regelungen (Import ja, Produktion nein). Wie man hört, wird es wohl bald alternativen zu den embryonalen Stammzellen geben, das würde diesen Konflikt hoffentlich auflösen. Aber wer diesen Wissenschaftszweig schlicht als unheimliches Teufelszeug und Scharlatanentum abtut, trägt schlicht seine Fortschrittsangst zur Schau.