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Ohne Moos nix los

■ Beschäftigungsträger gründen eigenen Verband und warten auf Geld

„Wir leben derzeit von Bankbürgschaften und Überziehungskrediten.“ Für Peter Dorlöchter, Geschäftsführer der Gröpelinger Recycling-Initiative, ist die Situation nicht neu. Wie auch schon in den letzten Jahren hat das Arbeitsressort Geld für Stammkräfte und Anleiter bei Beschäftigungsträgern noch nicht bewilligt. „Aber so lange wie in diesem Jahr hat es noch nie gedauert.“

19 solcher Initiativen wie die Gröpelinger haben sich deshalb jetzt zu einem „Verband Bremer Beschäftigungsinitiativen“ zusammengeschlossen. Sie wollen so ihre Interessen koordinieren und die Kräfte bündeln. In diesen Initiativen haben rund 1.500 Leute in Bremen Arbeit gefunden. Die meisten davon sind Langzeitarbeitslose, die auf dem Arbeitsmarkt sonst keine Chancen mehr haben.

Die wichtigste Forderung des Verbandes: Die Träger dieser Arbeiten sollen mit einem regulären Haushaltstitel beim Arbeitssenator institutionell abgesichert werden. „Der Senat muß erkennen, daß Arbeitslosigkeit keine vorübergehende Erscheinung ist, sondern ein Dauerzustand. Deshalb brauchen wir eine Grundsicherung, damit wir Langzeit-Arbeitslosen eine Perspektive bieten können“, sagt Irmgrad Czarnecki vom SprecherInnenrat des neuen Verbandes. Solche Pleiten wie jetzt, wo die Träger seit Jahresbeginn ihre Stammkrafte und Anleiter auf blauen Dunst und Kredit beschäftigen, seien für eine kontinuierliche Arbeit untragbar.

Im laufenden Haushalt stehen für Stammkräfte 3,3 Mio. Mark zur Verfügung, für Anleiter 4 Mio. Mark. 17,5 Stammkraftstellen sollen davon in Bremen, 7,5 in Bremerhaven finanziert werden. Von den 3,3 Mio gehen aber auch noch die Rechnungsabschlüsse für das Jahr 1993 herunter. Von den 4 Mio. Mark für Anleiter sollen 34,25 Anleiterstellen in Bremen und 10 in Bremerhaven finanziert werden. Derzeit geht man im Arbeitsressort aber nur von 2.000 ABM-Stellen statt ursprünglich von 2,400 ABM-Stellen aus, „so daß 700.000 Mark aus dem Anleiterprogramm noch nicht gebunden werden konnten“, erklärte gestern der Staatsrat im Arbeitsressort, Dr. Arnold Knigge.

Knigge bestätigt den Trägern auch „berechtigtes Interesse an der institutionellen Förderung“, erklärte aber gleichzeitig, „daß wir vor dem Hintergrund der Haushaltssituation so etwas nicht umsetzen können.“

Für das Ausbleiben der Bewilligungsbescheide für Stammkräfte und Anleiter hat der Staatsrat eine Begründung. „Wir können diese Stellen nicht bewilligen ohne die Gehaltslisten der Träger. Die haben wir angefordert, und Ende letzter Woche sind die letzten eingegangen.“ Jetzt würden die Anträge zügig bearbeitet und zugestellt. Für Verpflichtungsermächtigungen, die bis 1995 hineinreichen, müsse das Ressort außerdem noch die Genehmigung im Haushaltsausschuß einholen, „dann können wir auch das über die Bühne bringen“, erläuterte Knigge. Mit den Bescheiden könnten die Träger dann Anfang März rechnen.

Den Verweis auf die schlechte Haushaltssituation mögen die Beschäftigungsträger so nicht stehen lassen. „Aus den Ressorts Soziales und Kultur ist in den letzten Tagen ein eindeutiges Signal gekommen, daß dort nichts mehr einzusparen sei“, sagt Czarnecki. „Wir hätten uns von der Arbeitssenatorin ein entsprechendes Signal gewünscht.“

Mittlerweile sägt noch jemand anders am Geldtopf der Beschäftigungsträger. Immer mehr anerkannte Weiterbildungsträger versuchen, Drittmittel aus dem europäischen Sozialfonds (ESF) abzuwerben. Seitdem das Arbeitsamt weniger Umschulungen und Fortbildungen finanziert, konkurrieren die Weiterbilder jetzt gegen die Beschäftigungsinitiativen um die lukrativen Drittmittel. mad

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