piwik no script img

Ohne Internet350 Ostfriesen offline

Wegen angeblicher Zahlungsrückstände will der Telefonanbieter EWE Tel dem Provider Frieslandnet die Leitungen kappen. Hunderte verlören so ihr Netz.

Kurz vorm Haus ist Schluss: Ende eines Datenleitungsbündels. Bild: dpa

HAMBURG taz | In Ostfriesland ist es schon schwer mit dem Internetzugang. Weil das Glasfasernetz in der Region nicht komplett ausgebaut ist, müssen die Einwohner auf eine andere Technik zurückgreifen. Örtlich verfügbare Hotspots und das langsame UMTS-Handynetz sind schlechte Lösungen. Deshalb bietet das Unternehmen „Internet & Go GmbH“, das sich auf den Ausbau von Breitbandverbindungen in ländlichen Räumen spezialisiert hat, den Ostfriesen Internetverbindungen per Richtfunk unter dem Produktnamen „Frieslandnet“ an.

Doch auch das funktioniert nicht einwandfrei. Denn nun will der Telefonanbieter EWE Tel dem Internetanbieter schon zum zweiten Mal in diesem Jahr die Leitungen kappen. „Bis hierher und nicht weiter“, sagt EWE-Sprecher Christian Blömer. Die Internet & Go GmbH habe die Rechnungen für die Leitungsnutzung nicht bezahlt.

Bereits im Mai waren 350 Kunden elf Tage lang vom Internet abgeschnitten, da der Provider ausstehendes Geld nicht überwiesen hatte. Daraufhin hatte sich eine Kundeninitiative gegründet, die privat für die Internet & Go GmbH bürgen wollte. Daraufhin stellte EWE die Verbindung wieder her. Jan Hillebrand, Sprecher der Initiative, will auch jetzt wieder das Gespräch suchen und hofft, dass die Schonfrist bis zum 27. Oktober dafür reicht.

Dann sollen die Leitungen endgültig gekappt werden. „Die einzige Möglichkeit, das Netz aufrechtzuerhalten, wäre für Frieslandnet, die Außenstände auszugleichen“, sagt EWE-Sprecher Blömer.

Internet nach Ostfriesland

Glasfaserkabel sind die verbreitetste Methode für einen Internetzugang. Diese sind aber in ländlichen Regionen noch nicht flächendeckend verlegt.

Internet nach Ostfriesland

EWE Tel stellt in Ostfriesland dieses Netz zur Verfügung.

Richtfunk wird in den Gegenden genutzt, wo es keine DSL-Leitungen gibt.

Frieslandnet bietet diese Methode an, braucht dafür aber auch das Netz von EWE Tel.

Alternativen zu dem Breitbandnetz sind nur das LTE- und UMTS-Netz über Mobilfunk, die meist begrenztes Datenvolumen anbieten.

Die Internet & Go GmbH dementiert dagegen die „falschen Behauptungen“, Rechnungen seien nicht bezahlt. Das Unternehmen habe keine Geldnot. „Wir gehen davon aus, dass die Abschaltung am 27. Oktober nicht passieren wird“, sagt Geschäftsführer Wolfgang Bauer.

Da ist Jan Hillebrand weniger optimistisch. „So wie der Stand jetzt ist, sieht es schlecht aus“, sagt er. Hillebrand will sich aber weiterhin dafür einsetzen, dass er nicht Ende Oktober ohne Internetzugang dasteht. Als direkt Betroffener fühlt er sich ohne Internet von der Welt abgeschnitten. „Das normale Leben ist heute online. Selbst für die Schule brauchen meine Kinder das Netz.“ Zu dem Unternehmensstreit meint er, dass die Wahrheit wohl in der Mitte liege: „Nach meinem Kenntnisstand wurden Rechnungen bezahlt, aber nicht alle. Außerdem gibt es Rechnungen für monatliche Zahlungen und für eine Einmalzahlung wegen Bandbreitenerhöhung.“

Egal wer Recht hat, leiden müssen wohl die Kunden, die nicht einfach zu einem anderen Internetanbieter wechseln können. Alternative Breitbandanbieter gibt es nämlich nicht.

EWE-Sprecher Blömer bedauert, dass die Kunden unter dem Zahlungsstreit leiden müssen und will versuchen, den Kunden individuelle Lösungen anzubieten. Wie die aussehen sollen, kann er aber nicht sagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!