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Oft längst vergessenes Eigentum

■ Juristische Chancen für westliche Haus- und Grundbesitzer in der DDR

Ob Familie Meyer aus Husum oder die Erbengemeinschaft in Garmisch tatsächlich wieder Besitz von Haus und Grund in der DDR ergreifen kann, ist juristisch und politisch nicht endgültig geklärt. Die ehemaligen Eigentümer werden nach diversen DDR-Verordnungen in vier große Gruppen eingeteilt. Gruppe eins ist der ganz normale Erbfall: Ein Hausbesitzer DDR vererbt seine Immobilie an den Enkel oder die Nichte in der Bundesrepublik. In diesem Fall wird der „West„-Erbe als rechtmäßiger Besitzer im Grundbuch eingetragen. Er oder sie muß das Haus jedoch von einer Privatperson oder der staatlichen Wohnungsverwaltung verwalten lassen. Eventuelle Erlöse aus Mieten oder Hausverkauf können gespart und in gewissen Grenzen auch transferiert werden. In die zweite große Gruppe gehört der Haus- und Grundbesitz von Personen, die aus der DDR geflüchtet sind. Dieses sogenannte Flüchtlingsvermögen steht unter staatlicher Treuhandverwaltung. Die früheren „Republikflüchtlinge“ haben keine Verfügungsrechte mehr über ihren Besitz, stehen aber immer noch als Eigentümer im Grundbuch und haben jetzt gute Chancen für eine Rückforderung. Zur dritten Gruppe gehören Eigentümer, die entweder nie in der DDR gelebt haben, oder aber die DDR bis zum Stichtag 11. Juni 1953 legal verlassen haben. Ihre Häuser unterliegen vorläufiger staatlicher Treuhandverwaltung und gehören formal ihren alten Besitzern. Schwieriger werden die Rückforderungen für die vierte große Gruppe von Hauseigentümern, deren Besitz stillschweigend enteignet wurde. Nach dem DDR-Aufbaugesetz, später Baulandgesetz genannt, wurde ihr Haus- und Grundbesitz mit einer so hohen Hypothek für Instandsetzungen belastet, daß der Wert der Immobilie weit überschritten war. Viele Eigentümer verkauften an den Staat oder wurden enteignet.

Ein großer Teil der ehemaligen Haus- und Grundeigentümer hat in der Bundesrepublik nach dem Lastenausgleichsgesetz eine Entschädigung für den verlustig gegangenen DDR-Besitz kassiert. Mit diesem Lastenausgleich sind jedoch die Besitzrechte nicht aufgehoben. Wer sein Haus oder Grundstück jetzt zurückhaben will, müßte dann jedoch den Lastenausgleich zurückzahlen. Für die etwa sieben- bis zehntausend Mark, die sie einst als staatliche Entschädigung für ein Einfamilienhaus bekamen, würden sie ein Haus mit inzwischen zigfach höherem Wert zurückkriegen.

Ve.

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