piwik no script img

Offshore-Windpark liefert EnergieÖkostrom für 50.000 Haushalte

In der Ostsee geht der erste kommerzielle Offshore-Windpark ans Netz. Für die Kanzlerin ein Grund zum Feiern - denn sie will schnell aus der Atomkraft aussteigen.

Produziert seit Montag Ökostrom: Der Windpark baltic 1 vor der Ostseeküste. Bild: dapd

FREIBURG taz | Besser hätte sich Angela Merkel die Terminplanung nicht wünschen können: Während das Handelsblatt am Montag meldete, die CDU-Kanzlerin plane einen "Eilausstieg" aus der Atomkraft, feierte Merkel im Ostseebad Zingst, dass der erste rein kommerzielle deutsche Offshore-Windpark in Betrieb ging - so als wollte sie damit zeigen, wie ernst es ihr ist mit der Energiewende.

Dass der Ostseewindpark mit dem Namen Baltic 1 nebenbei auch noch vom EnBW-Konzern betrieben wird, der mehr als alle anderen deutschen Stromfirmen auf die Atomkraft fixiert ist, gab dem Termin zusätzliche Symbolik.

Immer deutlicher wird, dass Merkel den Ausstieg tatsächlich schnell vollziehen will - und anders als einst Rot-Grün mit einem fixen Datum versehen will. Rot-Grün hatte mit den Energiekonzernen Reststrommengen für Atomkraftwerke ausgehandelt. Danach erlischt die Betriebserlaubnis erst, wenn der Reaktor die betreffende Menge produziert hat.

Dies birgt große Freiheiten: Fährt ein Betreiber den Reaktor nur mit gedrosselter Kapazität, verschiebt sich das Aus nach hinten. Voraussichtlich wäre der letzte Meiler nach dem rot-grünen Konzept 2022 oder 2023 vom Netz gegangen.

Merkel soll sich, so das Handelsblatt, mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla nun geeinigt haben, vom System der Restlaufzeiten abzurücken - und für das Aus der Reaktoren Jahreszahlen vorzugeben, die dem rot-grünen Ausstieg nahekommen. Bestätigen wollte das gestern niemand. Ein Regierungssprecher sagte nur, es würden verschiedene Möglichkeiten geprüft.

Die Kanzlerin präsentierte sich derweil auf der Halbinsel Darß schon mal ganz als Freundin der erneuerbaren Energien. Sie stellte ein Sonderprogramm der staatlichen KfW-Bank in Höhe von 5 Milliarden Euro für neue Energietechnologien in Aussicht. Baltic 1 sei ein wichtiger Schritt in Richtung des von der Bundesregierung angestrebten Ausbauziels von 10 Gigawatt Offshorewind bis 2020, erklärte auch der Präsident des Bundesverbandes Windenergie, Hermann Albers.

EnBW investiert weiterhin

Jedes der 21 Windräder mit einem Rotordurchmesser von 93 Metern hat eine Nennleistung von 2,3 Megawatt. Jährlich soll der Park 185 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren, das entspricht etwa dem Verbrauch von 50.000 Haushalten.

Die Anlagen, die rund 16 Kilometer nördlich der Ostseehalbinsel Darß/Zingst auf einem Areal von rund sieben Quadratkilometern errichtet wurden, stammen von Siemens Energy. Die Maschinen stehen auf so genannten Monopiles, das sind Stahlrohre von 4,30 Meter Durchmesser, die mit einer gewaltigen Ramme etwa 30 Meter in den Meeresboden getrieben werden.

Wegen des enormen Lärms ist dieses Verfahren allerdings umstritten; besonders die Schweinswale, deren wichtigster Sinn das Gehör ist, leiden.

Für die EnBW ist das Projekt nur ein Anfang: "Die Erfahrungen werden wir bei unserem nächsten und sechsmal größeren Projekt Baltic 2 nutzen können", sagte Hans-Peter Villis, Vorstandsvorsitzender der EnBW. Die Aufträge dafür seien bereits vergeben, Baubeginn sei voraussichtlich im kommenden Jahr. Rund 8 Milliarden Euro werde die EnBW bis 2020 investieren und damit ihre Kapazitäten an Ökoenergien verdoppeln.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • TK
    Tilman Kluge, Bad Soden Ts.

    Es bleibt anzumerken, daß die ENWB dem Park 48,3 MW Gesamtleistung zurechnet (21 x 2,3 MW). Das ist Schönrechnerei und falsch dazu. Denn ENWB vergißt dabei, von den 48,3 MW den mehere Prozent betragenden Parkeffekt (aus gegenseitiger Beeinflussung der Einzelanlagen durch "Windschatten bzw. -turbulenzen) abzuziehen.

     

    So viel Physik muß sein.

  • TK
    Tilman Kluge, Bad Soden Ts.

    Von einem führenden EVU wie ENBW sollte man erwarten, daß es halbwegs Ahnug von Physik hat. Und wenn es um Windenergie eht, dann gilt das vor allem für Aerodynamik. Umso seltsamer ist es, wen nder Konzern dem geneigten LEser sienr Internet-Seiten vorrechnet, Baltic I habe eine Gesamtleistung von 48,3 MW.

     

    Die Nennleistungen der Einzelanlagen mit der Zahl derselnigen zu multiplizieren, kommt der namentlich nicht unbekannten "Milchmädchenrechnung" gleich. Denn vergessen wird dabei der zu subtrahierende Parkeffekt, d.a. die Auswirkungen von Windabschattungen und -turbukenzen*, verursacht jeweils durch die benachbarten Anlagen. Selbst, wenn das nur 3% ausmachen würde, waären es absolut doch fast 1,5 MW, also nicht nur maritime Peanuts.

     

    So viel Physik muß sein.

     

    *) sehr gut zu sehen auf einem Photo im Factsheet Nr.9 der European Winde Energy Association (EWEA) unter http://www.ewea.org/fileadmin/ewea_documents/documents/publications/factsheets/Factsheets.pdf

  • N
    Niko

    Warum haben viele Windparkfonds finzielle Probleme?

    Stimmt es, daß die Windhäufigkeit meist überschätzt

    wird?

    Stimmt es ,daß der Einspeisepreis (Bürgersubvention

    über die Stromrechnung) weiter erhöht werden muß

    wegen der geringen Effizienz der Windräder?

    Gibt die Kuh weniger Milch, muß der Literpreis

    erhöht werden damit das Ergebnis stimmt.

    Ich bitte die Redaktion, wenn möglich darüber zu

    informieren.

  • JK
    Juergen K

    Das HB berichtet allerdings auch, dass

     

    Merkel (!) aka "das HIRN der Steuerzahler"

    erst einmal aus ein paar Milliarden Euro

     

    aussteigen will;

     

    durch Erlass der Brennnelementesteuer.

     

    Wie nett - für die Aktionäre!

  • V
    vic

    Ich begrüße die Entwicklung, doch Atom-und Kohlestrom-Versorger wie ENBW sind für mich keine Option.

  • A
    aka

    Ich habe die Dinger schon letzten Sommer gesehen und frage mich: "Warum nicht weiter draussen?"

    Wenn jemand etwas Erhellendes dazu antworten kann, wäre ich verbunden.

  • M
    Mitleser

    16km von der Küste entfernt = Offshore ?

    In der Nähe von Nordstrand kann man Anlagen sehen welche noch dichter zum Land stehen. Gerade eben so mit den Füßen im Wasser. Kaum zu glauben, dass da soviel mehr Wind weht. Sollte da ein Zusammenhang zwischen der doppelten Einspeisevergütung für on und Offshoreanlagen bestehen. Weshalb findet man bei Offshore Windparks nur die Namen der ganz Großen ?

  • V
    vic

    ENBW ist Klima oder Atomgefahr scheißegal. Wenn Ökostrom, dann nur wegen des Profits.

    Danke - so nicht.