: Offiziere und Schädel
Vorgesetzte wussten von Schädelspielen, ermahnten Soldaten aber bloß. Staatsanwälte: Knochenhaufen
BERLIN taz ■ Zwei Offiziere der Bundeswehr sind in die Schädelaffäre involviert. Ein Oberfeldarzt hatte von den Fotos aus dem Jahr 2004 erfahren. Er bat einen Oberleutnant um Hilfe. Dieser habe den Truppenführer, sprich: den zuständigen Unteroffizier, zur Rede gestellt: Er solle dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommt. Auch verlangte er die Aushändigung der Fotos, die jedoch schon weitergereicht worden waren.
Laut Verteidigungsministerium haben sich „beide Offiziere völlig korrekt verhalten“. Allerdings räumte ein Sprecher ein, dass man aus heutiger Sicht – gemeint ist nach den Fotos in der Bild – das Verhalten „vielleicht anders“ bewerten würde. Bild sprach von „Schock-Fotos“, die „Deutschland und die Welt empörten“, und „Totenschändung“.
Für einen Straftatbestand „Störung der Totenruhe“ reichen allerdings die Schädelfotos nicht aus. Mehrere Staatsanwaltschaften nannten die fotografierten Skelettreste „wahllos aufgehäufte anonyme Knochen“. Auch sei die Fundstelle eine Lehmgrube und weder Grab noch Gedenkstätte. Bleibt als möglicher Straftatbestand nur mehr „grober Unfug“ – der bereits nach sechs Monaten verjährt. Mehr als interne Disziplinarverfahren wird es also gegen die beteiligten Soldaten nicht geben.
Unterdessen wächst der Druck, die Bundeswehr auch in den Süden Afghanistans zu schicken. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer rief Deutschland auf, die geltenden Einsatzbeschränkungen als „Zeichen der Solidarität“ mit den anderen Bündnispartnern aufzuheben. Beim Nato-Gipfel Ende November in Riga wird das Thema oberste Priorität haben.
Im Süden würden die Soldaten auf eine viel gefährlichere Lage treffen als im Norden, wo sich die Deutschen bislang überwiegend engagieren. Im Süden befinden sich zurzeit nur 21 deutsche Fernmeldetechniker, die angeblich die Stützpunkte nicht verlassen. Außerdem hilft die Bundeswehr mit Transportflügen aus. Die Kämpfe mit den Taliban und anderen Aufständischen haben im Süden seit Jahresbeginn mehr als 3.700 Todesopfer gefordert, viele von ihnen Briten und Kanadier.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) wiesen das Nato-Ansinnen gestern zurück. An dem deutschen Mandat für Afghanistan müsse nichts geändert werden, sagte Merkel. Wenn der derzeitige Einsatz im Norden reduziert würde, würde die positive Entwicklung dort aufs Spiel gesetzt. KATHARINA KOUFEN