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Offener Bruch zwischen Schertz und Heckelmann

■ Polizeipräsident Schertz und Polizeispitze verwahren sich gegen Vorwürfe über angebliche Unfähigkeit/ Heckelmann versucht sich herauszureden

Berlin. Nach der gestrigen Schlagzeile in einer Springergazette »CDU droht: Noch ein Fehler und Sie fliegen raus« platzte Polizeipräsident Georg Schertz endgültig der Kragen. Auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz ging der Gescholtene in die Offensive, unterstützt von der gesamten Führungsriege der Polizei. Er sei nicht länger gewillt, die massive Kritik an seiner Person und an der angeblichen Unfähigkeit der Polizei hinzunehmen, polterte Schertz und forderte Innensenator Heckelmann auf, entsprechende Konsequenzen zu ziehen: »Wenn der Innensenator die Vorwürfe teilt, muß er die entsprechenden Schritte einleiten, um meine Abwahl im Abgeordnetenhaus zu betreiben. Oder er tritt den Vorwürfen öffentlich entgegen.«

Stellvertretend für die versammelten 21 Direktions- und Dezernatsleiter erklärte der leitende Polizeidirektor Günther Waldow, daß es keine Führungskrise in der Polizei gebe. Waldow konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, daß man versuche, »mitten im Kommunalwahlkampf politisches Kapital aus der Polizei zu schlagen«. Der Konflikt zwischen Schertz, Heckelmann und der CDU schwelt schon seit Beginn der rot-schwarzen Koalition. Im Sommer 1991 kam es im Innenausschuß zum offenen Eklat um den dritthöchsten Mann in der Polizeispitze, Manfred Kittlaus. Die Polizeiführung forderte die Versetzung von Kittlaus, der wegen seiner Führungsschwäche und Illoyalität im Präsidium in Ungnade gefallen war. Während die SPD Schertz beistand, hielt die CDU-Fraktion Kittlaus bis zu dessen Versetzung die Steigbügel. Auf eine Abwahl des Polizeipäsidenten, die im vergangenen November von der FDP gefordert wurde, wollten es die Christdemokraten dann aber doch nicht ankommen lassen.

Der jetzige Konflikt erreichte durch eine Resolution des CDU- Fraktionsvorstandes von Mittwoch einen vorläufigen Höhepunkt. Die CDU warf Schertz Konzeptionslosigkeit vor und kreidete ihm an, daß er das Problem auf das Fehlen von 2.000 Polizisten zurückführe. Schertz verwahrte sich gestern gegen die ständigen Diffamierungen und ungerechtfertigten Vorwürfe gegen seine Person und gab den Schwarzen Peter an den Senat zurück. Das Problem der zunehmenden Kriminalität könne nur durch die Politik gelöst werden. Er selbst, so Schertz, klebe nicht an seinem Amt, sehe aber »keinen Anlaß zu demissionieren«.

Heckelmann gab sich gestern baß erstaunt über den Vorwurf der fehlenden Rückendeckung und suchte Glauben zu machen, daß es »keine Angriffe gegen die Polizei als solche« gebe. Er hieb aber dann ganz offen auf Schertz ein, indem er dennoch von »Konzeptionsdefiziten bei der Polizeispitze« sprach. Der SPD- Pressesprecher Stadtmüller empörte sich über diese Nicht-Erklärung und forderte Hechelmann wiederum auf, eindeutig Farbe zu bekennen. Der Innensenator solle sich keine Illusionen machen, daß er diesen Konflikt weitertreiben könne, »ohne die Polizei zu beschädigen«. Der Grünen- Abgeordnete Wieland bezeichnete das Verhältnis zwischen Schertz und Heckelmann als »unheilbar zerrüttet«. plu

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