Österliche Freude: Ugurcu ist schon wieder drin
Der Ausschluss des Bremerhavener Stadtabgeordneten Denis Ugurcu aus der CDU-Fraktion war sehr wahrscheinlich rechtswidrig - hat das Verwaltungsgericht Bremen im Eilverfahren beschlossen.
An Feiertagen gib’s keine Sitzung. Aber kommende Woche tritt die Bremerhavener CDU-Fraktion wieder zusammen, bestimmt. Und mit dabei ist Denis Ugurcu. Das hat am Gründonnerstag das Verwaltungsgericht Bremen entschieden. Der Ausschluss des Jungpolitikers aus der Fraktion stelle einen „Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“ heißt es im Beschluss. Und zugleich hat die Kammer eben auch angeordnet, dass der Jungpolitiker mindestens bis zur Hauptverhandlung wieder in seine vollen Rechte als Fraktionsmitglied einzusetzen ist. Andernfalls würden ihm ja „maßgebliche Informations- und Einflussmöglichkeiten genommen“, sprich: ihm entstehe ein „wesentlicher Nachteil“.
Tja. Wenn das mal nicht das Ziel der Strafaktion war: Noch auf dem Landesparteitag am 24.März hatte Bremerhavens CDU-Kreisvorsitzender und stellvertretender Bürgermeister Michael Teiser die Sache für erledigt gehalten. Denn sein jüngerer Rivale Denis Ugurcu war da gerade erst aus der Fraktion der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven ausgeschlossen worden. Vor versammelter Parteitags-Mannschaft hatte er daraufhin angekündigt, in den Kreisverband Cuxhaven zu wechseln. „Niemand wird ihn vermissen“, hatte Teiser vergnügt zur taz gesagt. Die Freude kam zu früh, wie sich nun zeigt. Denn im Durchschnitt dauern Verwaltungsgerichtsverfahren in Bremen gut zwei Jahre.
Und mindestens bis zur Entscheidung in der Hauptsache muss man jetzt miteinander auskommen – die Fraktion und Ugurcu. Zwar habe der gegen die Geschäftsordnung der Fraktion verstoßen, so die RichterInnen der Ersten Kammer, eine Sanktion wäre insofern gerechtfertigt gewesen. Aber um die Maximalstrafe des Ausschlusses anzuwenden, hätten zunächst mildere Mittel, eine Missbilligung etwa oder auch die Dohung mit einem Ausschluss – erfolglos bleiben müssen. Nichts davon aber sei auch nur ausprobiert worden.
Rausgeworfen worden war Ugurcu, weil er Interna von einer Klausurtagung der Fraktion an die taz verraten habe: Genau genommen hatte Ugurcu sich gemobbt gefühlt. Ihm und einer Kollegin war ein anonymes Flugblatt auf den Platz gelegt worden. Es zeigte das farbkopierte Foto eines Schafs, das im sonnendurchfluteten Grün einer Sommerwiese liegt. Neben ihm steht, in weißer Schrift, der Spruch: „Ich leide nicht an Realitätsverlust. Ich genieße ihn“. Darauf kam es zum Eklat: Ugurcu wertete das Flugblatt als Mobbingversuch, versuchte die Fraktionskollegen zur Rede zu stellen – erfolglos. Im Rausgehen bezichtigte erdie Runde als „schlechte Charaktere“. Darauf antwortete der Häfendeputierte Detlef Müller: „Wer mir so etwas sagt, ist nicht mehr mein Freund“, das und nichts anderes habe er zum Ausdruck gebracht, so Müller. Ugurcu erinnert sich mit Schlägen bedroht worden zu sein. Müller bestreitet das.
Die Szene war nur ein weiterer Höhepunkt eines schon länger schwelenden Streits in der Bremerhavener CDU: Obwohl Ugurcu als einstiger Vorsitzender der Jungen Union lange zum CDU-Chef Teiser aufschaute, kam es irgendwann zum Bruch. Teiser soll auf Machterhalt drängen und Konkurrenten in der Partei unterdrücken, die seinen Ambitionen als Nachfolger Bernd Neumanns als Bundestagsabgeordnetem entgegen stünden. Vor einer Kreismitgliederversammlung wurde die Aufnahme von 20 Ugurcu-nahen Neu-Mitgliedern verzögert – sie hätten ein Stimmrecht bei der Wahl des neuen Kreisvorstandes gehabt. Wegen entsprechender Äußerungen Ugurcus gegenüber der Presse forderte Teiser von ihm eine Unterlassungserklärung. Die blieb aus.
Über seinen juristischen Etappensieg freue er sich, so Ugurcu zur taz. Er hoffe auf gute Zusammenarbeit,„auch, wenn es nicht die besten Voraussetzungen sind“. Aus der bislang verkleinerten Fraktion war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.
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